Chefs lassen sich Anzüge schneidern - während Tausende entlassen werden

  10 Juli 2019    Gelesen: 677
  Chefs lassen sich Anzüge schneidern - während Tausende entlassen werden

Der Schneider bedauert "ungünstiges Timing": Am Tag der Bekanntgabe von massenhaften Kündigungen bei der Deutschen Bank wurden einige der Führungskräfte in London neu eingekleidet - in edlem Tuch.

Es ist sicher nur ein Detail in den Entwicklungen um den radikalen Umbau bei der Deutschen Bank - verrät aber dennoch einiges über die Schieflage in manchen Bereichen des Geldhauses. Als am Montag die ersten Meldungen über massenhafte Entlassungen bei der Deutschen Bank bekannt wurden, warteten zahlreiche Fotografen vor dem Ableger des Konzerns in London. Neben Angestellten, die ihre persönlichen Gegenstände nach draußen trugen, lichteten sie auch zwei gut gekleidete Männer ab, die mit großen Taschen das Gebäude verließen.

Dabei handelte es sich jedoch nicht, wie zunächst fälschlicherweise (auch bei SPIEGEL ONLINE) vermeldet, um entlassene Mitarbeiter der Deutschen Bank - sondern um Gesandte eines noblen Schneiders in der britischen Hauptstadt. Sie hatten gerade die Anzüge für Managing Directors der Deutschen Bank vermessen. Das berichtet unter anderem der "Guardian".

Ein Anzug bei Fielding & Nicholson gibt es nicht unter 1000 britischen Pfund, umgerechnet also etwa 1100 Euro. Nach oben sind nach Angaben der Firma kaum preisliche Grenzen gesetzt. "Unser Timing war ungünstig", sagte Firmengründer Ian Fielding-Calcutt der Internetseite "Financial News". "Ich denke, viele Entlassungen betrafen Händler, die keine Anzüge tragen. Daher haben wir einfach normal mit unseren Kunden weitergemacht, die von den Kündigungen offensichtlich nicht betroffen waren."

Von der Deutschen Bank gab es bisher keine Stellungnahme. Vorstandschef Christian Sewing hatte jedoch bei einem Besuch in London die Entlassungen bedauert. Insgesamt will er 18.000 Stellen streichen. Das Institut kündigte nach einer Aufsichtsratssitzung am Sonntag zudem den Rückzug aus dem weltweiten Aktiengeschäft und eine Verkleinerung des Handels an. Der Konzernumbau werde bis Ende 2022 voraussichtlich 7,4 Milliarden Euro kosten, teilte der Dax-Konzern mit.

Der groß angelegte Umbau kostet nicht nur Tausende Mitarbeiter ihren Job. Auch drei Topmanager müssen gehen:

  • der Chef der Unternehmens- und Investmentbank Garth Ritchie
  • der Verantwortliche für das Privat- und Firmenkundengeschäft Frank Strauß
  • die vor dem Abschied stehende Regulierungschefin Sylvie Matherat.

Gemeinsam könnten sie laut "Handelsblatt" nun 26 Millionen Euro als Abfindung bekommen. Auf Basis der internen Regeln des Konzerns steht dem Ex-Chefinvestmentbanker eine Zahlung von rund elf Millionen Euro zu, Regulierungsvorständin Matherat käme auf rund neun Millionen Euro und Strauß wegen der geringen Restlaufzeit seines Vertrags auf rund sechs Millionen Euro.

spiegel


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