Die Waffenhoheit im Indopazifik hat Amerika verloren. Ob Amerika noch fähig ist, weiterhin einen günstigen Kräftestand in jener Region aufrechtzuerhalten, ist ungewiss. Das ist laut dem Experten der Kernpunkt einer Studie des United States Studies Centre, einer Denkfabrik an der University of Sydney. Der Titel der Studie: „Die Krise abwenden: US-Strategie, Militärausgaben und kollektive Verteidigung im Indopazifik“ („Averting Crisis: American strategy, military spending and collective defence in the Indo-Pacific“).
Die gegenwärtige Militärdoktrin der Vereinigten Staaten ist in der Tat darauf gerichtet, diese „Krise der strategischen Unzulänglichkeit“ abzuwenden, wie Chodarenok schreibt. Die Doktrin fordert vom US Pacific Command, sich auf einen Krieg zwischen Großmächten einzustellen, statt sich auf mehrere kleineren Konflikte vorzubereiten.
Es müssen Prioritäten gesetzt werden,wie China einzudämmen sei. Chinas Abwehrsysteme beeinträchtigen die Fähigkeit Amerikas, Macht und Stärke auf den indopazifischen Raum zu projizieren. Es steigt das Risiko, dass China einen Waffenkonflikt für sich entscheiden kann, bevor die Vereinigten Staaten darauf überhaupt reagieren.
Das ist eine Risikolage, die die Vereinigten Staaten in Bezug auf die Ausrüstung und Ausstattung ihrer Armee fordert: Neue Waffensysteme müssen entwickelt, die Truppenversorgung muss gestärkt werden. Allerdings wird der Rüstungsetat der Vereinigten Staaten diese Anforderungen innerhalb des nächsten Jahrzehnts wahrscheinlich nicht bewältigen können: Der fiskal- und innenpolitische Druck sei zu groß, heißt es in der Studie.
Seit 20 Jahren anhaltende Kriege
Die Vereinigten Staaten stehen eh vor zunehmendem Haushaltsdefizit und wachsenden Staatsschulden. Die politischen Anstrengungen zur Lösung dieses Problems haben bislang nicht gefruchtet. Bei gegenwärtiger Dynamik werde der amerikanische Rüstungsetat weiter schrumpfen.
Ohnehin haben die seit 20 Jahren anhaltenden Kriege der USA bei gleichzeitig instabilem Militärhaushalt die Kampfbereitschaft und die Kampffähigkeit der Air Force, der Navy, der Army und der Marines über die Maßen strapaziert.
Bei einigen Parametern verbessert sich das US Pacific Command zwar, aber die strukturellen Probleme bleiben. Die Ausrüstung und Ausstattung aus den 1980er Jahren wird im Betrieb und in der Wartung zunehmend aufwendiger. Material wird über die Nutzungsdauer hinaus weiterverwendet, die Ausbildungszeiten des Personals werden verkürzt – als Folge: die Einsatztauglichkeit sinkt, die Zahl von Aus- und Unfällen steigt.
Dabei wurden viele für einen Waffenkonflikt zwischen Großmächten entwickelten Systeme noch in den 2000er Jahren reduziert, um Platz für die Technik zu schaffen, die für die nahöstlichen Kriege gebraucht wurde.
Einstellungen und Aufschiebungen von Rüstungsprogrammen in den letzten zwei Jahrzehnten haben zum Rückstand bei wichtigen Waffenprojekten geführt. Diesen Rückstand zu überwinden, würde die finanziellen Möglichkeiten der USA wahrscheinlich überfordern, heißt es in der Studie.
Chinas Militärmaschinerie
Zahlreichen Stützpunkten der Vereinigten Staaten im Indopazifik droht die Gefahr eines Vergeltungsschlags vonseiten Chinas. An zuverlässiger Luft- und Raketenabwehr mangelt es indes. Die einzige Möglichkeit, Amerikas Strategie zur Eindämmung Chinas durchzusetzen, besteht darin, den Rüstungsetat weiter zu erhöhen.
Die meisten Analysten stimmen darin überein, dass eine Erhöhung von drei bis fünf Prozent jährlich nötig sei. Eine Erhöhung dieser Größenordnung, zumal eine über Jahre verstetigte, sei jedoch höchstunwahrscheinlich. Die RAND Corporation geht in einer Einschätzung sogar von einer finanziellen Lücke von 500 Mrd. Dollar bis 2027 aus.
Dieser Prognose stehen Chinas Militärausgaben gegenüber: Die sind zwischen 1996 und 2018 um rund 900 Prozent gestiegen. Dies hat es ermöglicht, die Volksbefreiungsarmee in erstaunlichem Tempo zu modernisieren. Chinas Streitkräfte haben sich gewandelt, von einer veralteten Organisation zu einer ausgeklügelten Militärmaschinerie.
Noch haben die chinesischen Streitkräfte die Schlagkraft der US-Armee nicht erreicht. Aber der Trend geht, da sind sich Analysten einig, in eine klare Richtung: gegen die USA.
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