Vettels Liebeserklärung an Ferrari hat Makel
Sebastian Vettel und Ferrari - lange war das eine erfolgversprechende und funktionierende Ehe, die ihre Höhen hatte und so manche Krise überstand. Monza 2019 jedoch könnte die eine Enttäuschung zu viel sein, die das Verhältnis des viermaligen Weltmeisters zur ruhmreichen Scuderia nachhaltig beschädigt hat. Wenn die Chance da ist, weil eine Strecke dem Ferrari mal besser liegt als den Silberpfeilen mit WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton und Valtteri Bottas, nutzt er sie einfach nicht mehr. "Er hat ein paar Fehler gemacht, aber so ist Monza", sagte Teamchef Mattia Binotto entschuldigend. Monza ist für Vettel seit einiger Zeit aber auch auf anderen Strecken. "Er braucht eine Antwort, und zwar schnell", schrieb sogar die Formel 1 in ihrem Liveticker zum Italien-Rennen. Denn ausgerechnet im Heimrennen versagten Vettel - mal wieder - die Nerven. Er schmiss nicht nur sein eigenes Rennen durch den selbstverschuldeten Dreher weg, er riskierte auch den Erfolg von Charles Leclerc, dem er anders als in Spa keine Hilfestellung geben konnte. Wie viel Kredit hat Vettel noch? Nach außen verteidigte Binotto den Deutschen. Dennoch dürfte Leclerc dem Heppenheimer intern den Rang abgelaufen haben. Monza war eine Wachablösung. Vettels Vertrag bei den Roten läuft bis 2020. Derzeit weckt er nicht den Eindruck, diesen zwingend erfüllen zu wollen.
Leclerc lernt auf der Überholspur
Anders als Vettel hielt Leclerc dem Druck stand. Es ist erstaunlich, wie cool und abgezockt ein 21-Jähriger in seinem ersten Jahr bei Ferrari auf der Strecke agiert. Es ist erst gut zwei Monate her, dass er sich in Österreich in der letzten Runde den Sieg von Max Verstappen von Red Bull wegschnappen ließ. Der Monegasse hatte sich mehr oder weniger abdrängen lassen. In Monza hielt er im Duell mit Hamilton dagegen - und zwar voll. Am Limit sei es gewesen, räumte Leclerc nach seinem Knallhart-Zweikampf gegen den britischen Fünffach-Weltmeister ein. Nicht wenige fanden allerdings, dass Leclercs Verteidigung gegen den attackierenden Hamilton über die Grenze des Erlaubten hinausging. Aber auch das ist etwas, das (große) Siegfahrer in der Formel 1 ausgezeichnet hat. Monza, sagte Leclerc im Anschluss, sei sein erstes Formel-1-Rennen gewesen, in dem er nur an den Sieg dachte. Womöglich agierte er bei der Qualifying-Posse auch deshalb zu zögerlich. Vettel Windschatten und eine schnelle Runde im Q3 zu ermöglichen, wäre durchaus möglich gewesen. Am Ende schadete Leclerc, der in Italien stets den Teamgeist beschwor, ein bisschen Egoismus aber nicht.
Hamilton sucht die Schuld woanders
Der Brite tat sein Möglichstes, um Leclercs Triumph und die Ferrari-Feierlichkeiten zu verhindern. Letztlich musste sich der Weltmeister der Widerspenstigkeit Leclercs und schlechter werdenden Reifen beugen. Er konnte das Wochenende aber dennoch als Erfolg verbuchen. 63 Punkte liegt Hamilton in der WM-Wertung vor seinem Teamkollegen Bottas, der Zweiter wurde. Noch sind sieben Rennen zu fahren und reichlich Punkte zu vergeben. Der sechste WM-Titel rückt dennoch näher. Hamilton haderte hinterher dennoch mit der nicht erfolgten Strafe für Leclerc: "Ich weiß nicht, aber ich nehme an, die Rennkommissare sind mit dem falschen Fuß aufgestanden."
Hülkenberg sammelt Kredit für neuen Vertrag
Es ist nicht so, dass sich Nico Hülkenberg um seine berufliche Zukunft sorgen muss. Wer sich aber nach eigener Aussage in Gesprächen über einen Vertrag bei einem neuen Formel-1-Team befindet, stärkt mit Leistungen wie in Monza seine Position. "Hülk" erzielte als Fünfter sein bislang bestes Saisonergebnis. Einziger Wermutstropfen: Das verlorene Duell mit seinem Renault-Teamkollegen Daniel Ricciardo. Dass beide auch im kommenden Jahr gegeneinander antreten werden, ist nochmals wahrscheinlicher geworden. Das Haas-Team schwankt bei der Besetzung eines seiner Cockpits zwischen Hülkenberg und Stammpilot Romain Grosjean. Der belegte in Monza den 16. Rang. Das Pendel dürfte in Richtung des Deutschen ausschlagen.
Verstappen bleibt nur die Nebenrolle
Ja, auch Max Verstappen nahm am Rennen teil, dieses Mal aber in der ungewohnten Nebenrolle. Eine Strafe versetzte den Red-Bull-Star auf den 19. Startplatz, ein früher Wechsel des Frontflügels warf ihn abermals zurück. Und doch schaffte es der Niederländer als Achter wieder in die Punkte. Wenn die Formel 1 in zwei Wochen in Singapur Station macht, ist von Verstappen wieder mehr zu erwarten.
Quelle: n-tv.de
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