Thüringer Wahlfiasko heizt Machtkampf in der CDU an

  30 Oktober 2019    Gelesen: 936
Thüringer Wahlfiasko heizt Machtkampf in der CDU an

Nach dem vernichtenden Wahlergebnis bei der Landtagswahl in Thüringen ist in der CDU ein Machtkampf entbrannt. Von vielen Seiten hagelt es Kritik an der Kanzlerin. Nur einer nimmt Angela Merkel in Schutz.

Nun geht es um die Macht in der CDU. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Autorität der Parteispitze rapide bröckelt - Friedrich Merz hat ihn geliefert.

Der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz wertete das Wahlfiasko für CDU und SPD vom Sonntag als "großes Misstrauensvotum" gegen die große Koalition in Berlin.

Im Mittelpunkt der Kritik stehe ganz überwiegend Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die "politische Führung und klare Aussagen" vermissen lasse, sagte er am Montagabend im ZDF. Mehrere Politiker aus den Reihen der Union und FDP schlossen sich dieser Kritik an.

"Untätigkeit und mangelnde Führung"

Merz kritisierte im ZDF das Erscheinungsbild der Bundesregierung als "grottenschlecht". Die "Untätigkeit und die mangelnde Führung" Merkels lege sich seit Jahren wie ein "Nebelteppich" über das Land. Das könne so nicht weitergehen. "Und ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei Jahre dauert", sagte der ehemalige Unions-Fraktionschef, der Annegret Kramp-Karrenbauer 2018 im Rennen um den CDU-Vorsitz unterlegen war.

Offene Kritik an Kramp-Karrenbauer äußerte Merz nicht, da sie keine so negative Rolle gespielt habe. Er habe ihr seine Unterstützung zugesagt, "und dazu stehe ich auch in schwierigen Zeiten".

Linnemann: Haben es "verpennt

Union-Fraktionsvize Carsten Linnemann forderte eine klare Positionierung der CDU nach dem Wahlfiasko in Thüringen. "Meine Partei hat jahrelang ein Argument gehabt - und das ist Angela Merkel. Darauf haben wir uns konzentriert. Und haben vergessen, ich will sogar sagen verpennt, die Unterschiede in der Sache herauszustellen: Wofür steht die Union?", sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk.

Laut "Bild" gibt es eine weitere CDU-Größe, die mit der Kanzlerin hart ins Gericht zieht: Hessens ehemaliger Ministerpräsident Roland Koch soll gegenüber dem Magazin "Cicero" den Niedergang der Volkspartei vorhergesagt haben. Den Grund dafür sieht demnach im "Versagen von politischer Führung". Er kritisiert Merkel weiter mit den Worten: "Der Kompromiss steht nicht am Anfang, auch nicht als Schere im Kopf, sondern er steht am Ende."

Rückendeckung ausgerechnet von Horst Seehofer

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hingegen verteidigte die Kanzlerin. "Die Union ist fraglos in einer schwierigen Lage. Ich teile die Kritik von Friedrich Merz nicht", sagte er in München am Rande der G6-Innenministerkonferenz. Seehofer wollte das Thema nicht weiter kommentieren. "Aber nach langer politischer Erfahrung weiß ich, dass in einer solchen Lage Disziplin die beste Eigenschaft ist."

Die historische Schlappe der CDU bei der Landtagswahl in Thüringen hat den Machtkampf und Richtungsstreit in der Partei neu entfacht. Die Partei war dort am Sonntag auf das historische Tief von 21,8 Prozent abgesackt und hinter Linkspartei und AfD nur noch auf Platz drei gelandet. Angesichts des Debakels zeichnet sich vor dem CDU-Parteitag in Leipzig auch ein neuer Konflikt um die nächste Kanzlerkandidatur der Union ab. (dar/dpa/afp)

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