Ende November reiste der niedersächsische Regierungschef Stephan Weil selbst nach Katar, um eine Investitionszusage für ein LNG-Terminal mit nach Hause zu holen. „Eine gewichtige Rolle in meinen Gesprächen spielt die Planung eines LNG-Terminals in Niedersachsen mit Flüssiggas aus Katar“, schrieb Weil aus dem Emirat, ohne die Ergebnisse des Gesprächs preiszugeben. Der weltgrößte Flüssiggas-Exporteur Qatar Petroleum machte den deutschen Energieriesen Uniper und RWE schon gut vor einem Jahr klar, an einem schwimmenden Terminal in Wilhelmshaven in der Jade teilnehmen zu wollen.
Doch Umweltschützer und LNG-Gegner sehen das anders. Das geplante Vorhaben in der Jade sei nicht genehmigungsfähig, schrieb die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einem Gutachten, denn Folgen des Klimawandels und Störfallrecht würden dem Bau der Anlage entgegenstehen. „Wirtschaftsminister Altmaier und Ministerpräsident Weil treiben gleichwohl Planungen für klimaschädliche LNG-Terminals voran.“
DUH fordert weiter den Stopp sämtlicher an der deutschen Küste geplanter LNG-Terminals und will sich am weiteren Verfahren beteiligen. Erstens würde ein größerer Austritt von LNG über das Wasser zur Verdampfung führen, zweitens sei fossiles Erdgas klimaschädlich. Es wird weiter bemängelt, dass der Austritt von Methangas und der energetische Aufwand bei der Verflüssigung und dem Transport von flüssigem Erdgas zum Klimawandel beigetragen werde.
„Zur Klimabilanz kommt erschwerend hinzu, dass die geplanten LNG-Terminals auch mit Fracking-Gas aus den USA befüllt werden sollen. Die Förderung von Fracking-Gas schadet Klima und Umwelt und führt beispielsweise zu Erdbeben“, beklagen die Verfasser des Gutachtens.
Juristisch ist ein LNG-Terminal ein sogenannter Störfallbetrieb, warnte dabei der Bundesgeschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner.
„Der klimafreundlichste fossile Energieträger“
Die Bundesregierung unterstützt dagegen LNG-Terminals nicht nur an der deutschen Küste. In den letzten Jahren versprach Berlin dem kanadischen Konzern Pieridae Energy Garantien für ungebundene Finanzkredite von bis zu 4,5 Milliarden US-Dollar, darunter drei Milliarden für ein Terminal in Goldboro und 1,5 Milliarden zur Erschließung von Gasvorkommen. Außer Weils Initiative wird auch ein Anlande- und Regasifizierungsterminal im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel begrüßt, das künftig von dem deutsch-niederländischen Konsortium German LNG betrieben werden soll. Anfang dieses Jahres hatte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) noch potenzielle LNG-Lieferanten aus den USA in Berlin empfangen. Der Exporttraum der Nordamerikaner wurde in erster Linie durch die Fracking-Technologie möglich, bei der unter hohen Druck Wasser und Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten gepresst werden.
Der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper, seinerseits ein potenzieller Abnehmer von nordamerikanischem LNG, will sich von der Deutschen Umwelthilfe nicht einschüchtern lassen. „Aus heutiger Sicht sehen wir keine rechtlichen Aspekte, die einer Genehmigung insgesamt entgegenstehen oder das Projekt gefährden könnten“, kommentierte Konzernsprecher Georg Oppermann gegenüber Sputnik. Beim Genehmigungsverfahren würden alle relevanten Aspekte abgedeckt, darunter ein Planfeststellungsverfahren, ein immissionsschutzrechtliches Verfahren einschließlich Umweltverträglichkeitsprüfung und wasserrechtliche Zulassungen.
„LNG ist verflüssigtes Erdgas und damit mit Abstand der klimafreundlichste fossile Energieträger“, versicherte Oppermann.
Die Dekarbonisierungsziele sind aus der Sicht des Konzerns auch langfristig nur durch die langfristige Verwendung von Erdgas zu erreichen – „weil es bezahlbar ist und eine hohe Versorgungssicherheit bietet“. Auf die Frage zum Fracking-Erdgas aus den USA antwortete der Sprecher, Uniper beschaffe Erdgas zu wettbewerbsfähigen Preisen aus verschiedensten Bezugsquellen und Regionen, damit die Risiken für Uniper und seine Kunden möglichst gering seien. Uniper handelt schon über das Importterminal Rotterdam mit LNG sowie in kleinerem Umfang mit norwegischen Produzenten.
DUH würde auch vor Gericht ziehen
Die deutsche Umwelthilfe schließt nicht aus, gegen Uniper vor Gericht zu gehen.
„Wenn es zu einem Genehmigungsverfahren in Wilhelmshaven oder anderen LNG-Terminals kommen sollte, wird sich die DUH entsprechende rechtliche Schritte vorbehalten“, bestätigte eine Sprecherin der Organisation gegenüber Sputnik.
Aktuell fordere man jedoch einen Planungsstopp, sodass es gar nicht so weit komme. Manche Energieexperten verdächtigen hinter der Unterstützung der Bundesregierung für LNG-Projekte übrigens einen Deal der EU mit den USA.
Im Juli 2018 traf sich der damalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit US-Präsident Donald Trump zu einem Gespräch über die Zollstreitigkeiten. Um den Handelsstreit möglichst zu deeskalieren, hatte Juncker damals den Ausbau der LNG-Importe aus den USA zugesagt. Seitdem droht Washington ständig mit Sanktionen gegen die russische Gaspipeline Nord Stream 2 – offenbar um die Importe des eigenen Frackinggases nach Deutschland zu forcieren.
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