Zu viel gewollt, zu wenig gewonnen

  25 Februar 2020    Gelesen: 558
Zu viel gewollt, zu wenig gewonnen

Katharina Fegebank hat hoch gepokert - und verloren. Trotz eines beeindruckenden Ergebnisses schafften es die Grünen nicht, SPD-Bürgermeister Tschentscher in Hamburg abzulösen. Die Gründe liegen vor allem in der starken SPD.

Das Ziel war ambitioniert: "Erste Erste Bürgermeisterin" wollte sie werden - die Grüne Vizebürgermeisterin Katharina Fegebank. Und tatsächlich sah es vor einigen Wochen ja noch so aus, als könnten die Hamburger Grünen - von Olaf Scholz noch als "Anbau" bespöttelt - den großen Koalitionspartner SPD nicht nur herausfordern, sondern auch besiegen.

In den folgenden Wochen allerdings legten die Genossen an der Elbe weiter zu, die Grünen stagnierten - und so ist es nun gekommen wie in allen Umfragen vorausgesagt: Die Hamburger Grünen haben, dem Bundestrend folgend, zwar ihr mit Abstand bestes Ergebnis in der Hansestadt eingefahren. Aber gereicht hat es nicht für Katharina Fegebank.

Tschentscher einfach zu beliebt
Die Gründe dafür sind vielfältig. Da ist - natürlich - die besondere Situation in Hamburg. Die SPD ist traditionell stark an der Elbe, die Sozialdemokraten haben es geschickt verstanden, im Wahlkampfendspurt urgrüne Themen zu besetzen - zum Beispiel die Umwelt- und Klimapolitik. Bürgermeister Tschentscher gab gern den besseren Grünen mit Weitblick: "Man muss nicht nur wollen, man muss es auch können", stichelte er immer wieder. Die Macher-Strategie verfing: Die breite Mehrheit der Hamburger ist mit Tschentschers Arbeit zufrieden - und zwar parteiübergreifend.

Fegebank dagegen mobilisierte nur im eigenen Lager. Und sie dürfte dort die linken Wähler des Öfteren ernüchtert haben. Denn die 42-Jährige lässt sich getrost dem Realo-Flügel der Partei zuordnen. Zuletzt zum Beispiel machte sie in der Debatte um die Lockerung des Vermummungsverbot eine Kehrtwende. Nach scharfer Kritik - unter anderem des Koalitionspartners SPD - ruderte Fegebank zurück. Anderes Beispiel: die Elbvertiefung. Das umstrittene Projekt tragen die Hamburger Grünen mit. Und noch ein Beispiel: Beim G20-Gipfel - mit seinen Einschränkungen der Bürgerrechte und seinen massiven Polizeieinsätzen - war von den Hamburger Grünen nicht viel zu hören.

In Hamburg wird es jetzt wohl weitergehen wie bisher - ein rot-grünes Bündnis mit einem SPD-Mann Tschentscher an der Spitze. Ausgemacht allerdings ist das nicht. Vielleicht erklärte Grünen-Chef Robert Habeck im ZDF daher schon einmal vorsorglich, ein solches Bündnis entspreche dem Wählerwillen und sei ein klares Signal. "Ansonsten würde ich ganz schön dumm gucken", so Habeck.

Und im Bund? Habeck sprach von einem "fulminanten Ergebnis" - und damit hat er Recht. Denn selbst für die erfolgsverwöhnten Grünen ist fast eine Verdopplung einer bereits hohen Zustimmung mehr als beachtlich. Das sei Beweis genug, dass es richtig gewesen sei, die SPD herauszufordern, sagt dann auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

Beste Voraussetzungen - und doch Platz zwei
Und doch: Zur Wahrheit gehört auch, dass es den Grünen - wieder einmal - nicht gelungen ist, neben Baden-Württemberg in einem zweiten Bundesland die Regierung anzuführen und somit die selbstgesetzten Erwartungen zu erfüllen. Katharina Fegebank hatte sich immer wieder als echte Alternative präsentiert, nur haben sich die meisten Hamburger dann aber eben doch für Altbewährtes - nämlich die SPD - entschieden. Die Grünen werden sich jetzt die Frage stellen müssen, warum sie im liberalen Großstadtmilieu - ein besseres Pflaster gibt es für die Partei eigentlich nicht - nicht gewinnen konnte.

Und das ist wohl auch der Grund, warum Fegebank, Habeck und Baerbock sich den Abend über immer wieder fragen lassen mussten, wie es sich anfühlt, nur Zweiter geworden zu sein. Fulminantes Ergebnis hin oder her.

tagesschau


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