"Wir können alle etwas tun, um das Virus einzudämmen"

  27 Februar 2020    Gelesen: 961
"Wir können alle etwas tun, um das Virus einzudämmen"

Das RKI hat über die drohende Covid-19-Epidemie in Deutschland informiert. Es sei nun Aufgabe jedes Einzelnen, sein Alltagsverhalten zu überdenken - das verbessere die Chancen, die Ausbreitung noch einzudämmen.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat in einer Pressekonferenz darüber informiert, wie jeder Einzelne dazu beitragen kann, den Covid-19-Ausbruch in Deutschland möglichst gut einzudämmen. "Mit gesundem Menschenverstand können wir alle dazu beitragen, dass sich das Virus nicht weiter verbreitet", sagte RKI-Chef Lothar Wieler. "So banal es klingt: Das fängt an bei den üblichen Maßnahmen, die wir auch bei der Grippe empfehlen: Nies- und Hustetikette, Händewaschen, Abstand zu Erkrankten halten."

Am Dienstag waren neue Infektionen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bekannt geworden, insgesamt neun Menschen wurden positiv getestet. Auch in Rheinland-Pfalz gibt es bisher einen Fall. Nachdem in Italien die Fallzahlen vergangenes Wochenende sprunghaft von drei auf mehr als 270 gestiegen waren, herrscht nun auch in Deutschland Sorge vor einer Epidemie.

RKI-Chef Wieler erklärte, dass jeder dazu beitragen könne, dass sich das Virus nicht weiter in Deutschland ausbreite. "Bitte niesen Sie nicht in die Hand", sagte er, "sondern in die Armbeuge. Waschen Sie häufig Ihre Hände, wenn das nicht geht, kann man Desinfektionsgel benutzen." Das Virus werde bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt ausgeschieden und könne sehr leicht durch eine Tröpfcheninfektion übertragen werden, die man dadurch vermeiden könne. Es gebe keine Hinweise dafür, dass das Tragen von Mundschutz im Alltag hilfreich sei.

Er rief auch dazu auf, sich an die Impfempfehlungen des RKI zu halten, um etwa eine Doppelinfektion von Influenza und Sars-CoV-2 oder einer anderen Lungenkrankheit zu vermeiden. "Jedes Jahr ärgern wir uns, warum gerade der Anteil der Menschen, die besonders gefährdet ist, sich nicht impfen lässt", sagte Wieler. "Dabei sollten vor allem immunschwache Menschen sich gegen Influenza, Keuchhusten und Pneumokokken impfen lassen."

Auf die Frage nach dem Vergleich mit der Grippe, den besonders Gesundheitsminister Jens Spahn immer wieder zieht, sagte Wieler: "Bei der Grippe gibt es jedes Jahr Hunderte Tote, teilweise Zehntausende. Die Daten, die wir bislang über die Letalität von Covid-19 haben, zeigen, dass die Sterblichkeitsrate sogar noch höher zu sein scheint - etwa fünf bis zehn Mal so hoch wie bei der Grippe." Man könne das aber erst abschließend beurteilen, wenn die Epidemie vorbei sei.

Wenn jemand den Verdacht habe, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, solle er nicht unangemeldet in eine Arztpraxis gehen, denn dort könne er andere Menschen anstecken. Betroffene sollten sich vorher telefonisch beim örtlichen Gesundheitsamt oder bei ihrem Hausarzt melden. "Als Verdachtsfälle zählen bisher diejenigen, die sich in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet, also zum Beispiel in Norditalien, aufgehalten haben oder Kontakt zu einem Infizierten hatten", sagte Wieler.

Von den Ärzten erwarte das RKI, dass sie nun ihren Arbeitsalltag insofern organisieren, als dass sie Menschen mit Grippesymptomen etwa in den Randzeiten einbestellten. Es gebe Hinweise für Hausärzte auf der Website des RKI, weiterhin könnten sie sich bei den lokalen Gesundheitsämtern über den Umgang mit Verdachtsfällen informieren. "Inzwischen wollen wir auch Differentialdiagnosen haben, das heißt, Ärzte sollen alle Patienten mit Grippesymptomen auch auf das Coronavirus testen - davon erhoffen wir uns einen besseren Überblick über die Lage in Deutschland", sagte Wieler.

"Bisher ist das Virus in Deutschland noch nicht außer Kontrolle", sagte Wieler. "Aber wir wissen noch nicht, wie es sich entwickelt." Es sei daher wichtig, die Eindämmungsstrategie weiterzuverfolgen, also: Erkrankte im Krankenhaus isolieren, Kontaktpersonen ermitteln und häuslich isolieren. Diejenigen, die in den vergangenen 14 Tagen in der Lombardei oder in einem anderen Risikogebiet waren, sollten sich selbst auf Symptome beobachten und etwa regelmäßig Fieber messen.

Das RKI legte auch offen, was die nächsten Schritte sein könnten, sollte sich das Virus hierzulande weiter verbreiten: "Wir würden die Mobilität insgesamt reduzieren, das heißt, Reisen würden abgesagt, genauso wie Großveranstaltungen, Massenunterkünfte würden geschlossen", sagte Wieler. Risikogruppen wie etwa ältere Menschen würden dazu angehalten, nur noch ein Mal pro Woche einkaufen zu gehen, Arbeitgeber sollten Homeoffice einrichten. "Wir würden versuchen, das öffentliche Leben und Kontakte unter Menschen zu reduzieren, um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden oder zumindest zu verlangsamen", so Wieler.

spiegel


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