Die Chinesische Volksbank – die Zentralbank des Landes – will ein Hybridgeld aus altvertrauten Geldscheinen und Cyberwährung schaffen; es würde unmittelbar an die staatliche Kontrolle gebunden. Dieses digitale Bargeld – der „Digital-Yuan“, wenn man so will – ist wie ein elektronisches Gegenstück zu einer Banknote oder Münze:
„Es existiert in einer digitalen statt in einer herkömmlichen Brieftasche. Den Wert sichert der Staat“, erklärt die Agentur „Bloomberg“ das Konzept. „Aber das digitale Geld ist einfacher in der Nutzung und schneller im Umlauf. Es ermöglicht den chinesischen Behörden ein Maß an Kontrolle, das mit herkömmlichem Bargeld nicht zu erreichen wäre.“
Kritiker dieser Neuerung könnten entgegnen, dieses Vorhaben sei ein Rückfall in die Antike, als das Geld immer in materieller Form vorhanden war und nicht als Gutschrift oder Schuldschein einer Bank. Die Fürsprecher des neuen Zahlungsmechanismus würden aber sagen, China gehe keinen Schritt rückwärts, sondern mache einen nach vorn und löse dadurch mehrere Probleme mit einem Schlag.
Beispielsweise müsse dann nicht mehr um den Bankensektor gefürchtet werden, denn ein auf digitalem Bargeld begründetes Finanzwesen sei weniger abhängig von der finanziellen Lage einzelner Geschäftsbanken, von ihrem Rating und von den Geschäften, die die Banken untereinander treiben. Das Bankwesen des Landes würde in den Grundfesten gestärkt.
Kein einziger Bankmitarbeiter könnte länger Gelder veruntreuen, verlagern oder in Form dubiöser Kredite vergeben: Der Staat erhielte die totale Transparenz, die Übersicht aller Zahlungsvorgänge nahezu in Echtzeit. Und der Staat könnte diese Daten zur feinen Nachjustierung der Wirtschaft nutzen. Dies ohne die zusätzlichen Kosten einer komplexen Bargeldinfrastruktur. Das Wichtigste – und Spannendste – aber ist: Es gäbe dann keine technischen Grenzen, dieses Zahlungssystem auch außerhalb Chinas anzuwenden.
Was daran so spannend ist, zeigen Journalisten der Agentur „Bloomberg“ mit Verweis auf den Wirtschaftswissenschaftler Eric Rosenbach und seine Kollegin Aditi Kumar von der Harvard Business School. In der Mai-Ausgabe des Fachblatts „Foreign Affairs“ schreiben sie, die „digitale Version des Yuan“ (so heißt die chinesische Cyberwährung offiziell) könnte letztlich dem Iran und anderen Ländern helfen, US-Sanktionen zu umgehen oder Geld zu überweisen, ohne dass die US-Regierung davon Kenntnis bekommen könnte. „Dies aus dem Grund, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt möglich würde, die digitale Währung grenzüberschreitend zu überweisen, ohne die dollarbasierten Zahlungssysteme durchqueren zu müssen.“
Allein das Washingtoner Establishment scheint im chinesischen Hybridgeld keine Gefahr für die Vormacht des Dollars zu erkennen. Fast schon abschätzig schreibt der ehemalige Finanzminister im Obama-Kabinett, Henry Paulson, im erwähnten Fachblatt „Foreign Affairs“: China sei politisch und finanziell bei all den technischen Vorteilen nicht stabil genug. Dem Land fehle die Anerkennung als zuverlässiges Finanzzentrum – diesen Ruf hätten aber die USA.
Das heißt, übertragen, die Allmacht und ewige Strahlkraft des Dollars basiert aus der Sicht Washingtons allein auf Ansehen und Anerkennung – auf einem Image. Das heißt wohl auch, dass die Herren in Washington keine Bedrohungen sehen, die den Dollar in seinem Status als Leitwährung gefährden könnten. Die Zukunft des Dollars hänge ausschließlich an der Fähigkeit der Vereinigten Staaten, das Ansehen ihres Geldes zu hegen und zu pflegen.
Verwundbar ist diese Logik insofern, als dass die meisten Menschen auf der Welt seit gut einer Woche live mitverfolgen können, wie ein Dutzende amerikanischer Großstädte brennen, während der US-Präsident mit der höchsten Militärführung darüber streitet, ob er die Armee des Landes zur Befriedung der Aufständischen einsetzen dürfe. Ja, eine bessere Werbekampagne für den digitalen Yuan kann man sich gar nicht vorstellen.
sputniknews
Tags: