Die deutschen Exporte sind wegen der Corona-Rezession bei vielen wichtigen Handelspartnern so drastisch eingebrochen wie noch nie. Die Ausfuhren sanken im April um 24,0 Prozent zum Vormonat, wie das statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Dies sei der „größte Rückgang seit Beginn der Zeitreihe im August 1990“.
Zuvor befragte Ökonomen hatten im Schnitt mit einem Minus von 15,6 Prozent gerechnet, nachdem es schon im März einen Rückgang von 11,7 Prozent gegeben hatte. Das Schließen von Grenzen gerade auch im europäischen Binnenmarkt, die weltweite Verhängung von Handels- und Reisebeschränkungen sowie enorme Störungen in der See- und Luftfracht führten zu dem drastischen Rückgang der Ausfuhren.
Je nach Handelspartner waren die Exporte unterschiedlich stark beeinträchtigt: Die Ausfuhren nach China gingen im April 2020 vergleichsweise moderat um 12,6 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro zurück. Das Corona-Virus war zuerst in der Volksrepublik festgestellt worden und hatte dort zeitweise zu drastischen Einschränkungen des öffentlichen Lebens geführt.
Im März hatte sich die Pandemie dann in Europa und den Vereinigten Staaten ausgebreitet. Die Exporte in die von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Staaten Frankreich (minus 48,3 Prozent), Italien (minus 40,1 Prozent) und die Vereinigten Staaten (minus 35,8 Prozent) nahmen im Vergleich zum April 2019 besonders stark ab. Der im Ausland viel kritisierte deutsche Exportüberschuss schmolz im April auf nur noch 3,5 Milliarden Euro ab. „Damit wurde der niedrigste Exportüberschuss Deutschlands seit Dezember 2000 nachgewiesen“, erläuterten die Statistiker.
Auch die Importe sanken in Rekordtempo: Sie verminderten sich um 16,5 Prozent zum Vormonat und damit zum dritten Mal in Folge. Hoffnungen auf eine grundlegende Trendwende gibt es derzeit nicht: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag rechnet mit einem Rückgang der Exporte im Gesamtjahr um mindestens 15 Prozent. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erwartet ein Minus von 15 Prozent bei der Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen. Da das wirtschaftliche Wachstum bei nahezu allen Handelspartnern dramatisch einbreche, werde auch die Nachfrage nach „Made in Germany“ deutlich sinken, erläuterte der BDI.
Insgesamt verkauften die deutschen Unternehmen im April Waren im Wert von 75,7 Milliarden Euro ins Ausland - fast ein Drittel weniger als im Vorjahresmonat. Die gesamte Wirtschaft steht 2020 vor einer tiefen Rezession. Die EU-Kommission sagt für Deutschland einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 6,5 Prozent voraus und damit den stärksten Einbruch in der Nachkriegszeit.
Nach Einschätzung der Welthandelsorganisation (WTO) könnte der Welthandel in diesem Jahr um 13 bis 32 Prozent zurückgehen, je nach Verlauf der Corona-Pandemie. Schon 2019 hatte der Welthandel mit Waren stagniert, belastet von internationalen Handelskonflikten und der Abkühlung der globalen Konjunktur.
FAZ.net
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