Die Website der Fédération Équestre Internationale geht ins Detail. Es findet sich dort die passende Anrede für die Sportliebhaber hoch zu Ross, aus gutem Grund. Mancher kommt aus renommiertem Haus, so auch Scheich Abdulaziz bin Faisal Al Qassimi. Unter Reiterfreunden ist der junge Mann aus dem Emirat Ras al Chaimah an der Straße von Hormuz als Monsieur anzusprechen.
Wobei das mit der Freundschaft ein Ende haben könnte, jedenfalls scheint sie nun eine ganze Weile auf Eis gelegt. Al Qassimi ist gesperrt, eine ganze Weile noch. „Suspended from 03/06/2020 to 02/06/2040“ ist bei der FEI zu lesen, schlanke zwei Jahrzehnte – sofern dies bei einem Einspruch Bestand hat. Noch nie hat die Internationale Reiterliche Vereinigung eine derart lange Sperre verhängt, der Pressemeldung zum Urteil ist ein gewisser Stolz zu entnehmen.
Warum? Nun, auch hier liefert die Website der FEI eine Erklärung, ebenfalls in einem Detail, wenn auch einem nicht ganz präzisen. Zuletzt war Monsieur Al Qassimi auf Castlebar Contraband zu einem Distanzritt beim FEI-Wettbewerb in Fontainebleau, Frankreich, aufgebrochen. Das war im Oktober 2016, der Hengst zehn Jahre alt. „Registration for 2020 missing“ heißt es, ebenfalls in Rot, auf der Website, doch nicht nur die Meldepapiere des arabischen Halbbluts fehlen. „Status: inaktiv“, heißt es weiter.
Die volle, grausame Wahrheit: Castlebar Contraband hat den Ausritt im Süden von Paris nicht überlebt. Das Pferd stürzte, erlitt einen offenen Knochenbruch, musste an Ort und Stelle eingeschläfert werden. Die Obduktion ergab, dass das Tier das Beruhigungsmittel Xylazin im Blut hatte, es war ihm im Training, vor und während des Wettkampfs verabreicht worden. Das Mittel verursachte demnach eine Nervenblockade, die zum Sturz führte. Wegen Verstoßes gegen die Doping-Bestimmungen wurde Al Qassimi für zwei Jahre gesperrt, wegen Tierquälerei für 18.
In der Disziplin, in der bis zu 160 Kilometer zurückgelegt werden, senken die Beruhigungsmittel die Herzfrequenz, um bei tierärztlichen Kontrollen die Belastung zu verschleiern. Bei der jüngsten Ausgabe der Weltreiterspiele, 2018 in Tryon, North Carolina, landeten beim skandalös spät abgebrochenen Wettbewerb 53 von 95 gestarteten Pferden in der Tierklinik.
Das Distanzreiten, ein Tummelplatz der Pferdeschinder – im Online-Register der FEI sammeln sich etliche Fälle, in denen Reiter wegen Tierquälerei verurteilt und gesperrt wurden. Jetzt, das ist die Botschaft der verhängten Rekordsperre, sollen andere Zeiten anbrechen. Es ist allerdings eine Mission mit Zielkonflikt, solange die Disziplin zugleich als Geldquelle dient, vor allem wegen des Engagements emiratischer Prinzen und ihrer Entourage spendierfreudiger Sponsoren.
Einstweilen bekanntester Sieger bleibt Muhammad Bin Raschid Al Maktoum, der Emir von Dubai, Weltmeister der Distanzreiter 2012. Zu jener Zeit führte seine Frau, Prinzessin Haya, die FEI als Präsidentin. Inzwischen stritten beide um das Sorgerecht der gemeinsamen Kinder. Anfang März wurden Gerichtsurteile des Londoner High Court öffentlich, in denen sich die Familienrichter überzeugt zeigten, der Emir habe zwei seiner Töchter entführen lassen und Haya mit dem Tod bedroht. Auch das gehört zum Eindruck, den diese Distanzreiter machen: Er ist brutal.
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