Zumindest einer braucht nichts zu befürchten, David Wagner nämlich. Wenn am Samstag die 57. Saison der Fußball-Bundesliga endet, dann will der FC Schalke 04 aufräumen. Dann wollen die Verantwortlichen die Konsequenzen verkünden, auf die man sich bereits intern geeinigt hat. Wohl niemand aus dem Krisen-Ressort Profifußball sollte sich seiner künftigen Zugehörigkeit sicher sein, außer eben Wagner.
Der Trainer, der mit seiner Mannschaft seit 15. Ligaspielen nicht mehr gewonnen hat, darf sich weiter dem maximalen Vertrauen seiner Bosse sicher sein. Sportchef Jochen Schneider erklärte nach der deftigen 1:4-Klatsche daheim gegen den VfL Wolfsburg am vergangenen Samstag gegenüber den "Ruhr Nachrichten" abermals: Er habe zu "100 Prozent" Vertrauen in die Arbeit des 48-Jährigen.
Dass Wagner womöglich die einzige Konstante nach einer der turbulentesten Spielzeiten der turbulenten Vereinshistorie ist, ist mindestens bemerkenswert. Und wären da nicht die Geisterspiele und ein Aberwitz an Verfehlungen neben dem sportlichen Horror, dann wäre auch Wagner vermutlich längst weg. Kaum vorstellbar, dass der Klub den Druck der pfeifenden und wütenden Massen ausgehalten hätte, der sich nach den zahlreichen Peinlichkeiten entladen hätte.
Verletzungsmisere kann nicht alles erklären
Zwar hat der Trainer mit zahlreichen Ausfällen von kaum zu ersetzenden Stützen zu kämpfen - unter anderem fällt die Top-Besetzung des Mittelfelds mit Kapitän Omar Mascarell, mit Suat Serdar und Amine Harit seit Wochen aus. Allerdings erklärt das nicht, dass viele Spiele irgendwie wehrlos und taktisch ängstlich hergeschenkt wirkten. Und auch den eher zögerlichen Umgang mit hoffnungsvollen Talenten wie Stürmer Ahmed Kutucu oder Nassim Boujellab können viele Fans nicht nachvollziehen.
Die Jungs, die aus der Knappenschmiede kommen, leben vielen Anhängern jene Werte vor, die den Verein eigentlich auszeichnen. Drei davon: Leidenschaft, Identifikation, Maloche. Wer diese nicht lebe, der "muss den Verein verlassen." Das gilt nicht nur für die Fußballer. In einer ausführlichen Stellungnahme zerlegen die Ultras GE die Klubführung - und verschonen dabei zumindest vorerst die Mannschaft und die Trainer. "So unglaublich es derzeit scheint, die elementaren Probleme unseres Vereins liegen nicht auf dem Platz. Die Saison ist eine moralische Bankrotterklärung. Ein Ausverkauf der Schalker Werte, die zu Marketing-Zwecken zwar gern benutzt, ansonsten aber mit Füßen getreten werden."
Selten "ein katastrophaleres Bild abgegeben"
Der Verein verliere zunehmend an "Glaubwürdigkeit und Identifikation". Selten habe der FC Schalke 04 "ein katastrophaleres Bild abgegeben". Konkret nehmen die Ultras den Ehrenrat, den Umgang mit der brisanten finanziellen Situation und das Gebaren des Aufsichtsrates ins Visier ihrer Abrechnung. Die Gremien und Verantwortlichen seien es, "die unseren Verein Woche für Woche der Lächerlichkeit preisgeben und jeglichen Kontakt zur Gelsenkirchener Realität verloren zu haben scheinen".
In den vergangenen Wochen und Monaten war der Klub wegen eines Härtefallantrags bei der Rückerstattung von Tickets sowie wegen der Entlassung von 24 Mitarbeitern des Fahrdienstes heftigst in die Kritik geraten. Außerdem hatte Klub-Boss - genauer gesagt der Chef des Aufsichtsrates - Clemens Tönnies im August mit seinen rassistischen Sätzen über Menschen in Afrika für große Wut und noch mehr Fassungslosigkeit gesorgt. Ebenso wie der folgende Entschluss, den Groß-Unternehmer nicht aus dem Amt zu entlassen, sondern ihn lediglich mit einem zeitlich befristeten Verzicht zu bestrafen.
Noch eine Idee, die den Klub von den Fans entfernt
Jener Tönnies, der nun auch noch für den bislang größten Corona-Ausbruch in NRW steht, weil in dessen Schlachtfabrik offenbar Hygiene- und Abstandsregeln missachtet wurden. Jener Tönnies, der dem Krisen-Klub offenbar aus seiner gewaltigen Not helfen wollte und laut "Süddeutscher Zeitung" als möglicher Geldgeber und auch Teilhaber bei der vor allem von ihm selbst vorangetriebenen Ausgliederung der Profiabteilung galt. Eine weitere Idee, die den Verein noch weiter von seinen Anhängern entfernt.
Wenn am Samstag die 57. Saison der Fußball-Bundesliga endet, werden auch die Fans ein Statement setzen. Sie werden während des Spiels der Schalker beim SC Freiburg (ab 15.30 Uhr im Liveticker bei ntv.de) eine Menschenkette rund um das Berger Feld, das Vereinsgelände, bilden. Die Hygienebestimmungen in Folge der Corona-Pandemie sollen bei dem friedlichen Protest selbstverständlich eingehalten werden. Das Motto lautet übrigens: "Schalke ist kein Schlachthof! Gegen die Zerlegung unseres Vereins."
Quelle: ntv.de
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