Fleischindustrie soll sich ändern

  26 Juni 2020    Gelesen: 719
Fleischindustrie soll sich ändern

Die Corona-Ausbrüche bei Fleischproduzenten haben erneut ein Schlaglicht auf die Arbeitsbedingungen in der Branche, aber auch auf den Umgang mit den Tieren dort geworfen. Bundesagrarministerin Klöckner berät am Nachmittag mit Vertretern der Industrie über Verbesserungen. Das Treffen und Klöckners Idee einer „Tierwohlabgabe“ stoßen aber schon im Vorfeld auf Kritik.

Neben der nordrhein-westfälischen Umweltministerin Heinen-Esser und Niedersachsens Ressortchefin Otte-Kinast (beide CDU) sollen an den Gesprächen in Düsseldorf auch Vertreter von Tierhaltern, Schlachtereien und Handel sowie Tierärzte und Verbraucherschützer teilnehmen. Dabei soll es um bessere Bedingungen in Ställen und Schlachthöfen gehen, aber auch um höhere Preise in den Supermärkten.

Klöckner plädiert unter anderem für eine Tierwohlabgabe, die auf Produkte aufgeschlagen werden könnte, um gegen Billigpreise für Fleisch vorzugehen. Tierwohl, faires Auskommen und Gesundheitsschutz seien bei den derzeitigen „Dumpingpreisen“ nicht vorstellbar, sagte die CDU-Politikerin im ARD-Fernsehen.. Fleisch solle keine Alltagsramschware sein, allerdings auch kein Luxusprodukt für Reiche werden. Klöckner forderte deshalb begleitend zur Tierwohlabgabe „Hilfen für ärmere Menschen“.

FDP gegen „Tierwohlabgabe“

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sitta sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Umbau der Tierhaltung müsse vorangehen. Statt einer „Art Tierwohl-Soli“ solle die Koalition aber lieber marktwirtschaftliche Erleichterungen für Tierwohlställe im Bau- und Emissionsrecht schaffen. Sitta verlangte außerdem ein verbindliches und EU-weit einheitliches Tierwohllabel, das Verbrauchern verlässlich zeige, wie ein Tier gehalten wurde.

Grünen-Fraktionschef Hofreiter sprach von einem „bloßen Show-Event“, von dem „außer schönen Bekenntnissen“ wenig zu erwarten sei. Von überparteilichen, gesamtgesellschaftlichen Lösungen sei die Ministerin „meilenweit“ entfernt. Denn Klöckner treffe sich nur mit Unions-Kolleginnen und lasse die Agrarminister der anderen Länder außen vor. Tier-, Umwelt- und Verbraucherschützer seien „völlig unterrepräsentiert“, monierte Hofreiter.

Das Branchentreffen – ein „Show-Event“?

Kritik kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund. DGB-Vorstandsmitglied Piel sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, dass zu dem Treffen erst auf Nachhaken und in letzter Minute auch Vertreter der Beschäftigten dazu gebeten worden seien.

Als Konsequenz aus den Corona-Ausbrüchen unter anderem bei der Firma Tönnies rät der Verbraucherzentrale Bundesverband zu weniger Fleischkonsum. Vorstand Müller sagte im Bayerischen Rundfunk, zu viel Fleischproduktion sei ein riesiges Problem für den Klimaschutz. Zudem sei es auch besser für die eigene Gesundheit, Maß zu halten. Müller erneuerte zugleich seine Forderung nach einem staatlichen Tierwohllabel. Im Moment werde alles dafür getan, dass Verbraucher nicht überprüfen könnten, unter welchen Bedingungen Fleisch produziert werde.

Die Arbeitsbedingungen in deutschen Schlachthöfen sind wegen der zahlreichen Coronavirus-Infektionen wieder verstärkt in den Fokus geraten. Hier erfahren Sie, warum sie so prekär sind. Am Mittwoch wurde im Dlf darüber diskutiert, warum die Missstände so lange nicht angegangen wurden.

deutschlandfunk


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