Falschmeldung führt zu bewaffnetem Aufmarsch rechter Gruppen

  06 Juli 2020    Gelesen: 698
Falschmeldung führt zu bewaffnetem Aufmarsch rechter Gruppen

Verschiedene rechte Milizen, Biker und Skinheads liefen im US-Staat Pennsylvania auf, um das Verbrennen amerikanischer Flaggen durch Antifaschisten zu verhindern. Die kamen allerdings gar nicht.

Am Nachmittag des amerikanischen Unabhängigkeitstags versammelten sich am Samstag in der Kleinstadt Gettysburg schwer bewaffnete Milizen und rechtsradikale Gruppen. Sie wollten die Schändung von Bürgerkriegsdenkmälern und das Verbrennen der amerikanischen Flagge verhindern - notfalls mit Gewalt. Der Aufruf einer vermeintlich antifaschistischen Gruppe hatte sie auf den Plan gerufen: Diese hatte in den sozialen Medien zum Protest gegen die Polizei durch "friedliches Flaggeverbrennen" auf einem Gelände mit Bürgerkriegsdenkmälern aufgerufen.

Wochenlang hatten Unbekannte laut Recherchen der "Washington Post" in den sozialen Medien Pläne verbreitet, wonach Antifa-Demonstranten am Unabhängigkeitstag an den historischen Denkmälern zusammenkommen und amerikanische Flaggen verbrennen würden. Mitte Juni sei demnach erstmals über ein Facebook-Profil namens "Left Behind USA" ("Zurückgelassene USA") dazu eingeladen worden. Die Organisatoren sollen angekündigt haben, sie würden auch "kostenlos kleine Flaggen an Kinder verschenken, die sie sicher ins Feuer werfen können". Außerdem werde es Antifa-Gesichtsbemalungen geben.

Rechte verteidigen die Flagge - aber niemand kommt, um sie zu verbrennen
Verschiedene Lokalmedien hatten die Ankündigungen aufgegriffen und der vermeintlichen Aktion so Aufmerksamkeit verschafft. Selbsternannte Milizen, Biker, Skinheads und verschiedene rechtsextreme Gruppen kündigten daraufhin an, nach Gettysburg zu kommen, um die Denkmäler des Bürgerkriegs und die amerikanische Flagge vor Schändung zu schützen. Einige kündigten an, Schusswaffen mitzubringen und notfalls Gewalt anzuwenden. Bilder zeigen schwer bewaffnete Männer in militärisch anmutenden Uniformen und in historisch inspirierten Soldaten-Outfits. In Gettysburg fand vom 1. bis zum 3. Juli 1863 eine der entscheidenden Schlachten des amerikanischen Bürgerkriegs statt.

Die antifaschistischen Gruppen in Pennsylvania und deren offizieller Verband bestritten nach Angaben des "Business Insider" jegliche Beteiligung an der angeblich geplanten Veranstaltung. Sie erinnerten jedoch an eine ähnliche Aktion vor drei Jahren, als Gerüchte über eine antifaschistische Veranstaltung in dem gleichen Kriegsdenkmal-Park verschiedene rechte Gruppen auf den Plan gerufen hatten. Die Veranstaltung hatte damals ebenfalls nicht stattgefunden - einer der bewaffneten Gegendemonstranten schoss sich jedoch versehentlich selbst an.

Wer hinter der jüngsten falschen Ankündigung steckt, ist laut Angaben der "Washington Post" unklar. Soziale Mediendienste hatten in den vergangenen Wochen verschiedene Nutzer gesperrt, nachdem rechte Gruppen sich über Fake-Profile als Antifaschisten ausgegeben hatten, um friedliche Proteste zu unterwandern.

Recherchen der "Washington Post" identifizierten die Person hinter dem Profil, über das die Proteste in Gettysburg angekündigt worden waren, als einen 39-jährigen, in den USA lebenden Mann. Bei weiteren Recherchen habe sich jedoch herausgestellt, dass die angebliche Person nicht existiere. Das Profilbild des Mannes stamme von einem deutschen Fotografen, der dieses für einen kommerziellen Fotoservice erstellt habe, berichtet die Zeitung.

Die vermeintliche provokante Aktion und vor allem die heftigen Gegenreaktionen zeigen, wie angespannt die Lage in den USA ist. Zwischen Corona-Pandemie und Rassismus ist das Land tief zerrissen. Präsident Donald Trump hatte die unversöhnliche Stimmung zuletzt angeheizt, als er bei einer Ansprache an die Nation zum Unabhängigkeitstag gegen Demonstranten und politische Gegner ausholte.

spiegel


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