Deutsche Kuratorin in Bagdad entführt

  21 Juli 2020    Gelesen: 706
Deutsche Kuratorin in Bagdad entführt

Zeugen beobachten, wie Unbekannte eine Frau in Bagdad verschleppen. Bei der Entführten soll es sich um eine Deutsche handeln. Die in Berlin geborene Hella Mewis lebt seit mehreren Jahren in der irakischen Hauptstadt. Ihr Verbleib ist unklar.

Unbekannte haben in der irakischen Hauptstadt Bagdad offenbar die deutsche Kuratorin und Kulturvermittlerin Hella Mewis entführt. Bewaffnete Männer hätten Mewis in ihre Gewalt gebracht, erklärte Ali al-Bajati, Mitglied der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission. Sicherheitskräfte hätten die Suche nach ihr aufgenommen, sagte ein Aktivist, der namentlich nicht genannt werden wollte. Das Auswärtige Amt bestätigte die Entführung der Deutschen zunächst nicht.

Der Verbleib von Hella Mewis ist noch unklar. Die Kuratorin wurde in Berlin geboren und lebt seit mehreren Jahren in Bagdad. Sie arbeitete dort am Aufbau des Kulturinstituts "Bait Tarkib", das die Arbeit junger irakischer Künstler fördern will. Zeitweise war sie auch für das Goethe-Institut tätig.

Die Männer hätten Mewis am Montagabend gegen 20 Uhr (Ortszeit) in Nähe des Kulturzentrums im zentral gelegenen Stadtteil Abu Nuwas entführt, schrieb Al-Bajati bei Twitter. Das Viertel liegt unweit des Flusses Tigris.

Das Projekt "Bait Tarkib" - zu übersetzen etwa als "Haus der Installation" - wurde 2015 zur Förderung zeitgenössischer Kunst gegründet. Die Organisation bemüht sich laut ihrer Internetseite darum, "aufstrebende irakische Künstler und junge Menschen zu fördern, die ihr künstlerisches Talent entwickeln oder eine künstlerische Laufbahn anstreben". Das arabische Wort "tarkib" kann auch mit "Kombination" oder "Struktur" übersetzt werden.

Kontakte in die Politik

Nach dem Ende von Saddam Husseins Diktatur im Jahr 2003 lebte der politische Islam im Irak wieder auf - und damit auch konservative islamische Werte, die viele Arten von nicht-religiöser Kunst als verboten ("haram") betrachten. Viele irakische Künstler haben in ihrer Heimat einen schweren Stand und leben im Ausland.

Der in Deutschland lebende irakische Schriftsteller Najem Wali beschrieb Mewis gegenüber dem Magazin "Spiegel" im Jahr 2017 als Frau, die entgegen irakischer Konventionen in Cafés geht, ihr Haar offen trägt und nur selten zum Kopftuch greift. An der Uferstraße am Tigris habe sie 2016 eine Frauenfahrrad-Demonstration organisiert. Mewis habe Kontakte in die Politik und sei gut vernetzt.

Vor zwei Wochen hatten Unbekannte in Bagdad den international anerkannten politischen Analysten Hischam al-Haschimi in der Nähe seiner Wohnung erschossen. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. In den irakischen Medien richtete sich der Verdacht vor allem gegen die Iran-treue schiitische Miliz Kataib Hisbollah und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Al-Haschimi galt als einer der besten Kenner extremistischer Gruppen im Irak. Er äußerte sich häufig kritisch zu proianischen Milizen im Land und war als Regierungsberater tätig.

Quelle: ntv.de, nan/dpa


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