Vor den Landtagswahlen: Das Ende der stabilen Republik

  26 Februar 2016    Gelesen: 568
Vor den Landtagswahlen: Das Ende der stabilen Republik
Deutschland steht vor einem Wandel: Bisher ist die Große Koalition aus Union und SPD oft der letzte Ausweg für eine Regierungsbildung. Bei den drei anstehenden Landtagswahlen könnte diese Rettungsoption ihr Ende finden.
In der Bundesrepublik gilt bislang eine Faustregel: Wenn nichts mehr möglich ist, dann muss es die Große Koalition richten. Nach dem Motto: Das geht immer!

Die Deutschen haben damit schließlich keine schlechten Erfahrungen gemacht. Die Konstellation sorgte und sorgt - trotz scharfer Kritik von Opposition und Medien ("Mehltau", "parlamentarische Übermacht") - für Verlässlichkeit, vor allem in Krisenzeiten. Im Bund gab es bis heute das Bündnis aus CDU, CSU und SPD drei Mal: Aktuell unter Kanzlerin Angela Merkel und Vize Sigmar Gabriel, davor 2005 bis 2009 und 1966 bis 1969.
Auch in den Bundesländern war die "GroKo" in den vergangenen Jahrzehnten oftmals die letzte Zuflucht.

Doch damit könnte es in drei Wochen vorbei sein, wenn am 13. März in drei Ländern (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt) gewählt wird. Nach jüngsten Umfragen steht die Republik vor einem tiefgreifenden Wandel: Die beiden größten staatstragenden demokratischen Parteien sind zumindest in zwei Bundesländern nicht mehr in der Lage, zusammen eine stabile Mehrheit zustande zu bringen. Ist das womöglich ein erstes Zeichen auch für die kommende Bundestagswahl 2017?

Seit Langem verlieren die großen Parteien an Bindekraft: Wurde die erste große Koalition 1966 noch von 73,6 Prozent der Wahlberechtigten getragen, kam die zweite 2005 auf 53,1 Prozent und die jetzige 2013 nur noch auf 47,5 Prozent. "Dieser Bedeutungs- und Vertrauensverlust ist seit Jahrzehnten erkennbar, zunächst auf kommunaler, dann auf Landes- und zuletzt auf Bundesebene, wird aber nicht zur Kenntnis genommen", sagt der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner.

Vertrag der Großen Koalition vom Herbst 2013: Zum dritten Mal im Bund angewandt
Es ist die Schwäche der CDU und nicht zuletzt die der SPD, die alte Sicherheiten obsolet macht. Die Sozialdemokraten hätten schon bei der letzten Bundestagswahl nur noch 18 von 100 Wahlberechtigten an sich binden können, so Güllner. Nun drohen ihr in zwei der drei Länder weitere dramatische Einbußen:

In Baden-Württemberg käme nach einer Insa-Umfrage die CDU nur noch auf 30 Prozent (2011 noch 39 Prozent), die SPD auf 16 Prozent (2011 noch 23,1 Prozent) - beide hätten damit keine Mehrheit. Auch die Koalition aus Grün-Rot könnte nicht mehr weiterregieren, weil die Grünen nicht ausgleichen, was die SPD verliert. Eine Ampel - zusammen mit Grünen und SPD - hält wiederum die FDP für unwahrscheinlich. Bliebe nur noch eine schwarz-grüne Variante.

In Sachsen-Anhalt regiert zwar die große Koalition, aber auch sie dürfte sich nach Umfragen nicht halten können - auch hier wegen der Schwäche der SPD. Sie kommt laut Insa auf 16 Prozent (2011 lag sie bei 21,5 Prozent), die CDU auf 30 Prozent (2011 erzielte sie 32,5 Prozent). Selbst für ein rot-rotes Bündnis gäbe es keine Perspektive - und eine Koalition der CDU mit der starken AfD (17 Prozent) gilt als ausgeschlossen. Schon wird hier über eine weitere Variante spekuliert -die "Kenia-Koalition" (nach der Landesflagge des afrikanischen Staates) aus CDU (schwarz), SPD (rot) und Grünen (grün).

Nur in Rheinland-Pfalz könnte es am 13. März für eine große Koalition reichen. Vorausgesetzt, dass Rot-Grün keine Mehrheit erzielt - alle anderen Varianten (eine Ampel aus SPD, FDP und Grünen) gelten als wenig wahrscheinlich.

Am Ende könnte es möglicherweise einen Wahlgewinner geben: die FDP.

Im Herbst 2013 erstmals in ihrer Geschichte aus dem Bundestag geflogen, stehen die Liberalen vor einem Comeback, dürften sich sogar in ihrer Rolle als "Funktionspartei" zur Regierungsbildung wiederfinden. Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Sachsen-Anhalt, so heißt es in der FDP, könnte es am Ende auf eine Variante hinauslaufen - der nach Schwarz-Rot-Gold benannten "Deutschland-Koalition" von CDU, SPD und FDP. Im Südwesten stehen die Liberalen bei acht Prozent, in Sachsen-Anhalt mit vier Prozent kurz vor der Rückkehr in den Landtag.

FDP-Parteichef Christian Lindner bringt bereits für Baden-Württemberg die "Deutschland-Koalition" offensiv ins Spiel. Die SPD, auf die es ankäme, hält sich auffällig bedeckt, bei den Grünen hingegen ist diese Variante ein Schreckgespenst, brächte sie in Baden-Württemberg doch den einzigen (und in Umfragen populären) grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ums Amt. "Lindners Schnapsidee finden die Bürger so sexy wie trocken Brot", spottet der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek.

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