Regierung des Libanon steht kurz vor dem Zerfall

  10 Auqust 2020    Gelesen: 545
  Regierung des Libanon steht kurz vor dem Zerfall

Ein Minister nach dem anderen gibt im Libanon sein Amt auf. Premier Diab steht nach der katastrophalen Explosion im Hafen von Beirut unter enormem Druck. Nun will er offenbar Neuwahlen.

Nach der verheerenden Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut und anhaltenden Protesten der Bevölkerung gegen politisches Versagen und die wirtschaftliche Misere haben zwei weitere Minister ihre Ämter aufgegeben.

Stunden nach der Informationsministerin Manal Abdel Samad legte am Sonntag auch Umweltminister Damianos Kattar sein Amt nieder, hieß es aus Regierungskreisen. Ministerpräsident Hassan Diab war offenbar bemüht, weitere Kabinettsmitglieder vom Rücktritt vor einer für Montag geplanten Sitzung abzuhalten. Hunderte protestierten am zweiten Tag in Folge aus Wut über die gewaltige Explosion vor knapp einer Woche.

Die Regierung des Libanon ist aufgelöst, wenn mehr als ein Drittel der 30 Kabinettsmitglieder ihr Amt niederlegen. Das wäre bei einem Rücktritt von fünf weiteren Ministern der Fall. Diab wollte dem Kabinett in einer Sitzung am Montag vorschlagen, Neuwahlen abzuhalten, die regulär erst im Jahr 2022 stattfinden würden.

Vorvergangene Woche hatte bereits Außenminister Nassif Hitti sein Amt niedergelegt. Er kritisierte fehlende und zu langsame Reformschritte. Der Internationale Währungsfonds hatte dem Libanon für weitere Finanzhilfen konkrete Auflagen gemacht. Deren Umsetzung kommt aber nicht voran.

Viele Libanesen haben das - ohnehin kaum noch vorhandene - Vertrauen in die politische Elite nach der Explosion mit mehr als 150 Toten und über 6000 Verletzten vollends verloren. Ursache der gewaltigen Detonation, die einen mehr als 40 Meter tiefen Krater im Hafen hinterließ, soll unsachgemäß gelagertes Ammoniumnitrat gewesen sein.

Am Sonntag hatten in Beirut laut Augenzeugen Hunderte gegen die Regierung demonstriert. Einige warfen am Parlamentsgebäude mit Steinen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Sie beklagen auch, dass Wahlen an den realen Machtverhältnissen in dem konfessionell stark gespaltenen Land bisher wenig verändern konnten.

Für die Opfer der Explosion, durch die bis zu 300.000 Menschen obdachlos wurden, wurden wichtige Hilfsgelder gesammelt. Bei einer von Frankreich organisierten internationalen Geberkonferenz am Wochenende kamen für das schwer angeschlagene Land 252,7 Millionen Euro Soforthilfe zusammen.

spiegel


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