Verkürzte Quarantäne soll Stress rausnehmen

  02 September 2020    Gelesen: 460
Verkürzte Quarantäne soll Stress rausnehmen

Bisher müssen Menschen, deren mögliche Corona-Infektion abgeklärt wird, 14 Tage in Quarantäne. Der Berliner Virologe Drosten hält fünf Tage für gerade noch vertretbar. Dabei geht es vor allem darum, die Kooperationsbereitschaft zu erhalten.

Zu den wichtigsten Maßnahmen bei der Eindämmung der Corona-Pandemie gehört außer den verstärkten Hygienemaßnahmen die Quarantäne. Sie wird bei Infektionskrankheiten für möglicherweise oder tatsächlich Infizierte vom Gesundheitsamt angeordnet und endet erst, wenn sie offiziell wieder aufgehoben wird. In den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) für den Umgang mit dem Coronavirus sind 14 Tage Quarantäne als Richtwert angegeben.

Der Berliner Virologe Christian Drosten hat nun eine Verkürzung der Quarantänezeit für Menschen mit Verdacht auf eine Corona-Infektion ins Gespräch gebracht. Statt 14 Tagen Pflicht zur Selbstisolation schlug er im Corona-Podcast des NDR fünf Tage vor. Die bisherige Festlegung orientiert sich daran, dass durchschnittlich fünf bis sechs Tage vergehen, bis bei einer Sars-CoV-2-Infektion Symptome auftreten. Laut derzeitigem Wissensstand können es aber auch bis 14 Tage sein. Diese Zeit müssen die Betroffenen und möglicherweise auch ihre Familien in Selbstisolation in der Wohnung verbringen, um eine mögliche Erkrankung abzuwarten. Kindergarten, Schule, Erwerbsarbeit, Sport oder Einkäufe, all das ist in dieser Zeit außerhalb der eigenen vier Wände nicht möglich, denn der persönliche Kontakt zu Menschen soll ja unterbunden werden. Im Infoblatt des RKI steht dazu, dass man beispielsweise Familienangehörige, Nachbarn oder Freunde bitten soll, Einkäufe vor der Tür abzustellen.

Drosten zufolge sind für seinen Vorschlag keine neuen Erkenntnisse über den Infektionsverlauf leitend, sondern die Überlegung: "Was kann man denn in der Realität machen, damit man de facto nicht einen Lockdown hat?". Mit dem Zeitrahmen von fünf Tagen gehe er "bis an die Schmerzgrenze der Epidemiologie". Er nannte es eine "steile These", dass die Infektiosität nach fünf Tagen vorbei sei. Es geht also eher darum, die Akzeptanz für die ergriffenen Corona-Maßnahmen zu erhalten. Da die meisten Menschen innerhalb dieses Zeitraums Krankheitssymptome entwickeln und eine Arbeits- oder Schulwoche in Quarantäne für die überwiegende Mehrheit erträglich und auch für Firmen zu organisieren sei, könnten fünf Tage der Kompromiss sein. Einen ähnlichen Zeitraum hatte er bereits im April genannt. Der Virologe gibt jetzt zu bedenken, es nütze "ja nichts, wenn man alle möglichen Schulklassen, alle möglichen Arbeitsstätten unter wochenlanger Quarantäne hat".

Kooperation erhalten

Innerhalb dieser fünf Tage soll dann auch nicht getestet werden, sondern erst dann, wenn die Quarantäne ausläuft. So werde keine Testkapazität verschwendet. Er selbst hatte im Sommer unter anderem daran gearbeitet, für künftige Teststrategien den Rahmen mit zu erarbeiten, sagte Drosten.

Die Quarantäne gehört zu den Maßnahmen, um die es derzeit intensive Debatten gibt. Wer aus einem Risikogebiet zurückgekehrt ist oder Kontakt mit einer infizierten Person hatte, wird getestet und bis zum Ergebnis unter Quarantäne gestellt. In manchen Bundesländern muss noch ein zweiter Test nach fünf bis sieben Tagen negativ sein. Doch auch dann muss das Gesundheitsamt die Selbstisolation erst wieder aufheben. Da diese Behörden durch die Pandemie ein erhebliches Arbeitsaufkommen haben, kommt es dabei immer wieder zu Verspätungen oder Versäumnissen, was dann als Einschränkung der Freiheit oder Willkür empfunden wird. Unter welchen Umständen die Quarantäne aufgehoben wird, ist tatsächlich nicht einheitlich geregelt. Laut Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums gelten in verschiedenen Bundesländern auch unterschiedliche Regelungen.

Drosten verwies darauf, dass es im Herbst und Winter extrem wichtig bleibe, die Infektionen nachzuverfolgen. Da nicht jeder bereit sei, die Corona-App zu nutzen, könnten persönliche Kontakt-Tagebücher eine Alternative sein. Auch er selbst führe solch ein Tagebuch. Darin notiere man sich jeweils abends, wann man mit mehreren Menschen in einer Gruppe zusammen war. Dies könne später die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern erleichtern. Um gut über den Herbst zu kommen, sei die "maximale Kooperation des Großteils der Bevölkerung nötig", so Drosten.

Quelle: ntv.de, sba


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