Er wehre sich dagegen, dass durch eine radikale Minderheit der Freistaat Sachsen und seine Mitbürger in Misskredit gebracht würden. Tillich räumte ein, dass der Rechtsextremismus in Sachsen unterschätzt wurde – auch von ihm. Der Staat müsse deutlich Stärke zeigen, die rechtsextreme Szene den Verfolgungsdruck spüren.
Verunsicherungen im eigenen Leben seien keine Entschuldigung, wenn man darauf mit Fremdenfeindlichkeit reagiere, sagte Tillich. "Besonders abscheulich und menschenverachtend ist es, wenn sie sich dafür diejenigen aussuchen, die vor Krieg und Vertreibung geflohen sind." Es seien wenige Menschen, aber doch zu viele, die dem Rechtsradikalismus nicht widerstehen. Tillich schloss mit den Worten: "Ich persönlich werde nicht nachgeben, damit Sachsen das ist, was es sein sollte: eine gute Heimat und ein weltoffenes Land."
Sachsens Innenminister nennt grölende Demonstranten “zutiefst beschämend”
Rund 100 Demonstranten haben am Donnerstagabend in Clausnitz versucht, die Ankunft von Flüchtlingen in einer Unterkunft zu verhindern. Das Video auf einer fremdenfeindlichen Facebook-Seite ist inzwischen nicht mehr abrufbar.
Anlass der Sondersitzung sind die fremdenfeindlichen Vorkommnisse in Clausnitz und Bautzen. In Clausnitz hatte eine protestierende Menge versucht, die Ankunft von Flüchtlingen zu blockieren. In Bautzen hatten Schaulustige sich beifällig über den wohl gelegten Brand eines geplanten Asylbewerberheims geäußert und teilweise die Löscharbeiten behindert.
Von der Opposition wurde Tillich scharf kritisiert. Der Linken-Landesvorsitzende Rico Gebhardt warf ihm vor, das Problem der Fremdenfeindlichkeit ignoriert und sogar befördert zu haben. "Wer hat denn gesagt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört?" frage Gebhardt rhetorisch in Anspielung auf eine Aussage Tillichs im Januar vergangenen Jahres. "Die geistigen Brandstifter sitzen mit Rang und Namen in Ihrer sächsischen CDU." Er warf Tillich vor, vier Tage gebraucht zu haben, um auf die Ereignisse von Clausnitz zu reagieren. "Das war schrecklich für Sachsen, aber typisch für Sie."
Die sächsische CDU habe im Laufe ihrer 26-jährigen Amtszeit einen "Sachsen-Chauvinismus hochgezüchtet". Die direkte Demokratie, sagte Gebhardt, liege im Koma. Die Verunsicherung der Bevölkerung sei schon lange vor den Flüchtlingen dagewesen. "Die Menschen sind aus Sachsen geflohen, auch vor Ihrer Niedriglohnpolitik."
Im Vorfeld der Debatte hatten die Grünen einen 14-Punkte-Forderungskatalog aufgestellt. Darin fordern die Grünen Tillich und die CDU unter anderem auf, in der eigenen Partei gegen menschenverachtende Äußerungen vorzugehen. Ministerpräsident, Staatsregierung und politisch Verantwortliche müssten eine Vorbildfunktion erfüllen, heißt es in dem Papier. Zivilgesellschaftliche Initiativen und politische Bildung sollten stärker gefördert werden. Mehr Personal für Polizei und Justiz dürfe kein leeres Versprechen bleiben.
Versäumnisse im Kampf gegen Rechtsextremismus mahnt auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, an. Dem Tagesspiegel sagte Schuster, Tillich müsse seinen kritischen Worten nun Taten folgen lassen. Bisher sei versäumt worden, deutlich zu machen, wie weit man in einer Demokratie gehen könne. Auch forderte Schuster einen Dialog mit den Menschen, die Sympathien für die AfD zeigen oder auf Pegida-Demonstrationen mitlaufen. Man müsse sie wieder ins Boot holen. In der AfD sieht Schuster einen wachsenden rechtsradikalen Einfluss. Der Aufstieg der Partei sei besorgniserregend.
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