EU warnt Johnsons Regierung

  07 September 2020    Gelesen: 749
EU warnt Johnsons Regierung

Nach Boris Johnsons Drohung mit einem harten Brexit steht offenbar nicht nur das Handelsabkommen mit der EU auf der Kippe. Das Gebaren der britischen Regierung stößt in Brüssel auf Sorge und Unverständnis.

Kurz vor neuen Gesprächen über das künftige Verhältnis von Großbritannien und der EU hat der britische Premier Boris Johnson erneut die Gangart verschärft und mit einem harten Bruch gedroht, sollte es bis Mitte Oktober keine Einigung geben. EU-Chefunterhändler Michel Barnier zeigt sich angesichts der britischen Strategie besorgt - und forderte die Regierung Johnson Seite auf, mit dem Brexit eingegangenen Zusagen einzuhalten.

"Alles, was unterschrieben wurde, muss respektiert werden", sagte Barnier. "Die Verhandlungen sind schwierig, weil die Briten das Beste aus zwei Welten wollen." Er halte es aber immer noch für möglich, ein Abkommen über die besonders strittige Frage der Fischerei-Rechte zu finden.

Lässt Johnson die Nordirland-Vereinbarung platzen?
Medienberichte, wonach die britische Regierung entscheidende Teile der Abmachung mit der EU zur Nordirland-Frage wieder aufschnüren will, wollte Barnier nicht kommentieren. Er betonte lediglich, dass die Vereinbarung "die Bedingung für eine vereinte und funktionierende Wirtschaft" auf der irischen Insel sei und "die Integrität des EU-Binnenmarkts" sicherstelle.

Die neue Gesetzgebung soll nach Angaben der "Financial Times" am Mittwoch öffentlich werden - und den Deal mit der EU teils entkräften, den Johnson im Oktober 2019 selbst unterzeichnet hatte. Vor allem die Nordirland-Details waren dabei erst nach langen und mühsamen Verhandlungen beschlossen worden.

Der britische Umweltminister George Eustice versuchte zu beschwichtigen. Es gehe lediglich um "rechtliche Mehrdeutigkeiten", die geklärt werden müssten, sagte Eustice dem Sender Sky News.

EU-Diplomaten warnten Großbritannien vor einer Abkehr von dem Brexit-Deal. Damit würde das Land sein internationales Ansehen untergraben, sagte ein Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters zufolge. Es wäre "eine verzweifelte und letztlich selbstzerstörerische Strategie". Man könne sich kaum vorstellen, dass die Europäische Union einen Vertrag mit einem Land abschließe, das sich nicht an seine vertraglichen Verpflichtungen halte, sagte ein anderer Diplomat.

Nach der Verhandlungsrunde im August, die ohne wesentliche Fortschritte geblieben war, hatte Barnier vor einem Scheitern gewarnt. Großbritannien warf seinerseits der EU vor, die Gespräche "unnötig" zu erschweren.

Großbritannien ist im Januar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende gilt aber noch eine Übergangsphase, in der die künftigen Beziehungen etwa im Bereich Handel geklärt werden sollen. Gelingt keine Einigung, droht ein ungeregelter Austritt. Experten warnen in einem solchen Fall vor potenziell schweren wirtschaftlichen Folgen für beide Seiten.

spiegel


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