China poliert Image von Ex-Epizentrum auf

  10 September 2020    Gelesen: 445
China poliert Image von Ex-Epizentrum auf

Monatelang steht das öffentliche Leben in Wuhan still. Die chinesische Metropole wird zur Geisterstadt und kämpft fortan mit dem Stigma, Epizentrum der Corona-Pandemie zu sein. China schraubt nun am Image der Stadt. Viele Menschen auf den Straßen, kaum Masken und keine Neuinfektionen - doch es gibt Zweifel.

Die chinesische Metropole Wuhan hat es seit Jahresbeginn zu unrühmlicher Bekanntheit gebracht: als Ursprungsort der Corona-Pandemie. In der Stadt am Jangtse sprang das Virus vermutlich erstmals vom Tier auf den Menschen über und infizierte seither mehr als 27 Millionen auf der ganzen Welt. Während viele Länder nach wie vor tausende weitere Infizierte binnen eines Tages melden, gab es in Wuhan offiziellen Angaben zufolge seit Monaten keinen einzigen neuen Fall. Für die chinesische Führung ist dies ein willkommener Anlass, um der Millionenstadt ein neues Image zu verpassen: als Siegerin über das Virus.

Ein halbes Jahr nachdem die Weltgesundheitsorganisation die Ausbreitung des Virus als Pandemie einstufte, läuft die chinesische PR-Kampagne für Wuhan auf Hochtouren. Vergangene Woche sollten sich Vertreter multinationaler Konzerne und ausländische Journalisten auf Einladung der Regierung vor Ort überzeugen, dass Corona in Wuhan keine Gefahr mehr sei. "Es gibt derzeit nur wenige Orte weltweit, wo man keine Maske braucht und sich versammeln kann", sagte der Funktionär Lin Songtian vor den Repräsentanten von Panasonic, Nokia und anderen. "Das zeigt Wuhans Triumph über das Virus - und dass die Stadt zurück im Geschäft ist."

Blühendes Leben statt Geisterstadt

Auf dem Programm standen unter anderem der Besuch eines Lebensmittelmarktes mit angeblich vorbildlicher Hygiene, eine Opernaufführung von Schülern sowie eine Schiffstour auf dem Jangtse vor der hell erleuchteten Skyline. Diese Eindrücke sollen die Bilder von Wuhan als Geisterstadt zu Beginn der Pandemie verdrängen.

Monatelang hatte das öffentliche Leben in der Elf-Millionen-Stadt stillgestanden, der Lockdown war so streng wie in kaum an einem anderen Ort. Mehr als 80 Prozent der 4634 Corona-Toten in China lebten in Wuhan. Auch der chinesische Außenminister Wang Yi versuchte bei seinem Besuch in Europa Ende August, die Geschichte der Pandemie neu zu erzählen. Möglicherweise stamme das Virus gar nicht aus China, sagte er.

Mutmaßlich nahm die Pandemie auf einem Markt für Wildtiere in Wuhan ihren Ausgang. Nicht nur deswegen steht Peking in der Kritik, sondern auch, weil Beamte zunächst versuchten, den Ausbruch zu verschleiern. Das Ansehen Chinas in der Welt habe durch die Pandemie stark gelitten. Nun wolle Peking seinen relativ erfolgreichen Kampf gegen Covid-19 nutzen, um sein Image wieder aufzubessern, sagen Beobachter.

"Wir haben die Pandemie gemeistert"

"Peking will folgendes Narrativ: Wir haben die Pandemie gemeistert, also können wir euch helfen, sie auch zu meistern - und wir werden hoffentlich die ersten mit einem funktionierenden Impfstoff sein", sagt Asien-Expertin Kelsey Broderick von der Beratungsfirma Eurasia Group. "Das ist wirklich der einzige Weg, sich vom Stigma zu befreien, dass die Krise von einem Markt in Wuhan ausging."

In Wuhan trägt kaum mehr jemand eine Maske, und wenn, baumelt sie locker am Ohr. Im August trafen sich Tausende zum Feiern in einem Schwimmbad der Stadt. Die Bilder der Party gingen viral und brachten China heftige Kritik aus dem Ausland ein. Solche Veranstaltungen seien nicht leichtsinnig, konterte Peking, sondern der Beweis für die erfolgreiche Eindämmung des Virus.

Doch nicht alle in Wuhan sind in Feierlaune. Die Wirtschaft hat sich noch längst nicht erholt, und viele Einwohner fürchten eine zweite Welle. Es lohne sich kaum, zur Arbeit zu kommen, sagt Marktfrau Yi Xinhua. Die 51-Jährige hat ihre Tofu-Blöcke fein säuberlich nach Größe gestapelt, doch Kunden kommen nur wenige.

Sie verkaufe nur halb so viel wie vor der Pandemie, sagt Yi. Millionen Menschen, die zu Beginn der Pandemie die Stadt verlassen haben, seien immer noch nicht wieder zurückgekehrt, mutmaßen viele. Arbeitgeber beklagen, dass ihnen Arbeitskräfte fehlten. "Jeder hat Angst", sagt Yi. "Der Sommer ist vorbei, und der Winter kommt. Wir haben uns ein bisschen erholt. Aber wenn das Virus zurückkommt, wird es uns wieder treffen."

Quelle: ntv.de, mba/AFP


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