Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Vorsitz, glaubt nicht an eine europäische Lösung bei der Verteilung von Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos. "Wenn ich es richtig sehe, hat Griechenland bisher nicht darum gebeten, Flüchtlinge aus Lesbos in der Europäischen Union aufzunehmen und auf einzelne Länder zu verteilen", sagte Merz. "Außer Luxemburg und Deutschland ist dazu ohnehin zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein anderes Mitgliedsland der EU bereit."
Es ergebe daher laut Merz weder Sinn, weiter nach einer "europäischen Lösung" zur Verteilung zu suchen, noch in einen Überbietungswettbewerb in Deutschland einzutreten, "wie viele Migranten wir denn aufnehmen sollen." Noch seien die Bilder von 2015 in Erinnerung und auch der Satz, "dass sich diese Lage nicht wiederholen darf", sagte der frühere Unionsfraktionsvorsitzende, der sich damit erstmals zu dem Thema positionierte.
Unterbringung auf stillgelegten Kreuzfahrtschiffen
Merz argumentierte, er sehe "zwei Wege zur Lösung des Problems: Wir helfen den Griechen erstens mit allen Mitteln, die wir haben, die Flüchtlinge dort menschenwürdig unterzubringen." Dazu habe Deutschland mit dem Roten Kreuz und dem Technischen Hilfswerk (THW) bestens ausgebildete und ausgerüstete Hilfsorganisationen.
Zudem solle man mit Griechenland "der bereits im Europäischen Parlament diskutierten Option nähertreten, stillgelegte Kreuzfahrtschiffe für die zeitweise Unterbringung an den Außengrenzen der EU zu nutzen." Diese Schiffe könnten dann auch zur Durchführung der Asylverfahren genutzt werden.
Middelberg fordert europäischen "Gleichschritt"
Der CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg sprach sich hingegen für ein koordiniertes europäisches Vorgehen aus. Es müsse zu einem Gleichschritt kommen, bei dem möglichst viele EU-Staaten vorangehen würden. "So kann man es machen, aber Deutschland darf es nicht alleine machen." Man versuche nun "nach besten Kräften eine Koalition der Willigen zu schmieden". Das habe bei der Verpflichtung zur Aufnahme 400 unbegleiteter Minderjähriger mit mehreren Staaten schon geklappt und funktioniere auch bei der Seenotrettung. "Wir warten nicht auf Viktor Orbán, aber wir müssen schon sehen, dass wir einige mit ins Boot holen, die auch wirklich mitmachen wollen."
Er sprach sich jedoch dagegen aus, dass Deutschland bei der Aufnahme von Migranten aus Griechenland allein vorangeht. "Wenn wir als Deutsche einen Alleingang machen, dann setzen wir wirklich in jeder Hinsicht das falsche Signal", sagte Middelberg im ARD-"Morgenmagazin". Es sei das falsche Signal in Richtung der Flüchtlinge, da dann möglicherweise mehr nachkämen. Auch sei es das falsche Signal nach Europa, "weil dann werden sich die anderen Europäer eher zurücklehnen".
Allen in der Union gehe es darum, zu helfen, so Middelberg. Dazu seien schon Hilfsgüter auf den Weg nach Griechenland gebracht worden. Nun gehe es um die Frage, wer aufgenommen werden sollte. "Da bin ich der Meinung, so wie die Kanzlerin das auch sagt, das muss nach einem Kriterium der Bedürftigkeit, der Verletzlichkeit dieser Menschen gehen", sagte der innenpolitische Sprecher. Daher stünden etwa Minderjährige und Familien im Fokus.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor deutsche Unterstützung zugesichert, wenn - nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria - auf der Insel Lesbos ein neues Aufnahmezentrum eingerichtet werden soll. Ein neues Aufnahmezentrum unter griechischer und EU-Verwaltung wäre ein Pilotprojekt, über das man nachdenken müsse. So lägen die Hoheitsrechte erst einmal bei Griechenland. Es müsse einen Vertrag geben, dass dort auch europäisch gehandelt werden könne, sagte die Kanzlerin am Montag. "Ich hielte das für einen wirklich wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer stärkeren Europäisierung der Migrationspolitik."
Nach einem Großbrand in dem Flüchtlingscamp Moria auf der Insel Lesbos sind dort über 12.000 Flüchtlinge und Migranten ohne Unterkunft.
spiegel
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