Slowakische Politiker dürfen erschwindelte Studientitel behalten

  06 November 2020    Gelesen: 359
Slowakische Politiker dürfen erschwindelte Studientitel behalten

Die slowakische Regierung kann aufatmen: Das Parlament hat entschieden, Plagiate in bereits eingereichten Abschlussarbeiten nicht zu bestrafen. Nur künftige Schummeleien sollen belangt werden.

Wer sich einen Studienabschluss in der Slowakei durch ein Plagiat erschwindelt hat, darf seinen akademischen Titel behalten. Wer ab nächstem Jahr betrügt, muss hingegen mit einer Aberkennung rechnen. Das sieht ein am Donnerstag vom Parlament in Bratislava beschlossenes Gesetz vor.

Mitverantwortlich dafür sind Politiker, die selbst in Plagiatsskandale verwickelt waren. Sie hatten den Anlass für die Gesetzesänderung gegeben, allen voran der konservative Regierungschef Igor Matovic, der rechtspopulistische Parlamentspräsident Boris Kollar und der liberale Bildungsminister Branislav Gröhling.

Das Gesetz sieht vor, dass Hochschulen einen akademischen Titel wieder aberkennen können, wenn er durch Betrug erworben wurde. Dies gilt aber nur für Studienabschlüsse, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2021 erworben werden.

Große Teile der Diplomarbeit einfach übernommen
Die Journalistin Maria Benedikovicova hatte im vergangenen Sommer in der Tageszeitung "Dennik N" mit detaillierten Textvergleichen nachgewiesen, dass mehrere führende Politiker des Landes große Teile ihrer Diplomarbeiten ohne korrekte Quellenangaben abgeschrieben hatten.

So hatte Parlamentspräsident Kollar Teile seiner Diplomarbeit direkt von einer Arbeit seines Betreuers an einer Privathochschule übernommen. Der Millionär gehört zu den umstrittensten Politikern der Slowakei. 

Die Enthüllungen und teils arroganten Reaktionen der entlarvten Politiker lösten einen Sturm der Entrüstung aus. Regierungschef Matovic beispielsweise verhöhnte die eigenen Koalitionspartner , nachdem sie die Plagiate kritisiert hatten. Sie würden am Ende "den Schwanz einziehen", sagte er. In der Folge scheiterten Misstrauensanträge im Parlament in der Tat an der Mehrheit der Koalitionsregierung im Parlament.

Die Vertretung der Hochschulstudenten zeigte sich in einer ersten Reaktion auf den Gesetzesbeschluss zufrieden, dass überhaupt erstmals eine Möglichkeit zur Aberkennung von zu Unrecht erworbenen Studientiteln geschaffen wurde. Nun sollten Matovic und die anderen Spitzenpolitiker mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Titel freiwillig zurückgeben, hieß es. Einen freiwilligen Verzicht erlaubt das Gesetz für frühere Studienabschlüsse nämlich auch.

spiegel


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