Demonstranten setzen Parlament in Brand

  22 November 2020    Gelesen: 344
Demonstranten setzen Parlament in Brand

Wegen geplanter Kürzungen im Gesundheits- und Sozialbereich protestieren Tausende gegen den Präsidenten des zentralamerikanischen Landes. Es kam zu Ausschreitungen.

Bei den bisher größten Protesten gegen Guatemalas Präsident Alejandro Giammattei gingen am Samstag mehrere Tausend Menschen in Guatemala-Stadt auf die Straße. Am Rande der größtenteils friedlichen Proteste drang eine Gruppe in den Kongress ein und steckte Teile des Gebäudes in Brand.

Aufnahmen zeigen, wie Flammen aus einem Fenster der Volksvertretung im historischen Zentrum der Stadt schlugen. Die Flammen waren laut Augenzeugen noch mehrere Häuserblöcke entfernt zu sehen. Das Rote Kreuz habe mehrere Menschen wegen Rauchvergiftungen behandelt, sagte ein Sprecher der Organisation. Später brachte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle, wie die Polizei mitteilte.

»Es gibt ein Recht zu demonstrieren«, schrieb Präsident Giammattei auf Twitter. »Aber wir können nicht zulassen, dass öffentliches oder privates Eigentum zerstört wird. Wer sich an diesen kriminellen Taten beteiligt, den wird die volle Härte des Gesetzes treffen.«

Umstrittener Staatshaushalt
Die Proteste richten sich gegen den Haushalt für das Jahr 2021, der Kürzungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitssektor vorsieht. Der Haushalt war zuletzt von den Abgeordneten ohne öffentliche Debatte im Schnellverfahren gebilligt worden. Der Entwurf stieß bei zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen von Unternehmern über soziale Bewegungen und den Bildungssektor bis hin zur katholischen Kirche auf Ablehnung. Kritisiert wurde auch die hohe Neuverschuldung.

Die Demonstranten schwenkten Fahnen von Guatemala und trugen Schilder auf denen »Giammattei, tritt zurück« stand. »Die Kongressabgeordneten teilen sich selbst mehr Geld zu, aber verteilen nicht mehr an die Armen«, kritisierte der 25-jährige Diego Herrera.

Das Milliardenbudget für das Jahr 2021 bürdet dem Land hohe Schulden auf. Außerdem fließt das meiste Geld in von Privatunternehmen verwaltete Infrastruktur und nicht in die Bekämpfung der in Guatemala weit verbreiteten Armut. 59,3 Prozent der 17 Millionen Einwohner Guatemalas leben in Armut, rund die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.

Das Land leidet außerdem unter den Folgen der verheerenden Tropenstürme »Eta« und »Iota«. Die zunehmende Intensität tropischer Wirbelstürme ist Experten zufolge eine Folge des Klimawandels.

Kurz vor den Protesten am Samstag hatte Vizepräsident Guillermo Castillo den Staatschef aufgefordert, mit ihm zusammen »für das Wohl des Landes« zurückzutreten. Castillo unterrichtete die Öffentlichkeit darüber durch eine Botschaft in Onlinenetzwerken und in einer WhatsApp-Nachricht an Journalisten.

Der ausgebildete Arzt Giamattei steht auch wegen seines Corona-Managements in der Kritik. Die Krankenhäuser des mittelamerikanischen Landes haben mit Versorgungsengpässe zu kämpfen. Nach offiziellen Angaben wurden in Guatemala bislang 118.417 Corona-Infektionen nachgewiesen, 4074 Infizierte starben.

Am Rande der größtenteils friedlichen Demonstration schleuderten Demonstranten Steine auf die Polizei, die Beamten feuerten Tränengas in die Menge. Eine Sprecherin des San-Juan-de-Dios-Krankenhauses sagte, dass man 14 Personen wegen verschiedener Verletzungen und den Folgen von Tränengas behandele.

spiegel


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