Seit Monaten stockt die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geplante Reform des Bundespolizeigesetzes wegen Streitigkeiten mit dem Koalitionspartner SPD. Nun versuchen die Bundestagsfraktionen von Union und SPD einem Bericht der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« zufolge, das Vorhaben mit einem Kompromiss zu retten.
Die Bundespolizei soll demnach mehr Befugnisse erhalten, berichtet die »FAZ« unter Berufung auf ein entsprechendes Eckpunktepapier. Dazu gehöre die Möglichkeit der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, also eine Überwachung verschlüsselter Kommunikation, die entweder vor oder nach ihrer Verschlüsselung erfasst wird. Dafür sollen die Online-Durchsuchung und die elektronische Gesichtserkennung weiterhin nicht erlaubt sein.
Die Initiative der Koalitionsfraktionen wurde von den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Thorsten Frei (CDU) und Dirk Wiese (SPD) angeführt. Ursprünglich hatte Seehofer bereits im Frühjahr eine Novelle des Bundespolizeigesetzes ins Kabinett bringen wollen. In erster Linie sollten die Befugnisse der Beamten erweitert werden, um auf neue Gefahren mit modernen technischen Fahndungsmethoden reagieren zu können.
Im ersten Entwurf war auch eine großflächige, automatisierte Gesichtserkennung auf Flughäfen und Bahnhöfen vorgesehen, die allerdings von dem SPD-geführten Justizministerium abgelehnt wurde.
Reform droht an Eskens Widerstand zu scheitern
Der SPIEGEL hatte Mitte August berichtet, dass die Novelle in der laufenden Legislaturperiode endgültig zu scheitern droht. Seehofers Ministerium betonte zwar, dass sich der Entwurf »unverändert in der Ressortabstimmung« befinde. Allerdings hatte SPD-Chefin Saskia Esken harten Widerstand gegen das Gesetz signalisiert, weshalb ihm im Ministerium kaum noch Chancen eingeräumt wurden.
Esken störte sich vor allem an der Möglichkeit der Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Das derzeitige Bundespolizeigesetz stammt aus dem Jahr 1994 und wurde immer wieder nachgebessert.
CDU-Politiker Frei sagte der »FAZ« dazu, es handle sich bei der Reform weniger um eine Befugniserweiterung als um eine Anpassung der Kompetenzen an die technische Umwelt. »Die Bundespolizei soll in gleichen Fällen und unter den Voraussetzungen die Nachrichten in Messenger-Diensten mitlesen dürfen, in denen sie bisher schon die Telefone abhören konnte.« Die alten Regelungen im Gesetz stammten aus einer Zeit vor dem Smartphone. Für die Eingriffe solle zudem ein Richtervorbehalt gelten.
»Jede Seite war am Ende kompromissbereit, sodass ein gutes Ergebnis für die Polizistinnen und Polizisten jetzt auf dem Tisch liegt«, sagte SPD-Politiker Wiese der Zeitung. Man sei sich »schnell fachlich einig« gewesen, »dass da viele wichtige Punkte waren, die man für die tägliche Praxis umsetzen sollte«. Dem Bericht zufolge soll aus dem Eckpunktepapier nun ein Gesetzestext erarbeitet werden – durch die Bundesregierung oder durch die Fraktionen selbst.
spiegel
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