Die Bundesregierung hat drei deutsche Frauen und zwölf Kinder aus einem Lager für gefangene IS-Mitglieder in Nordsyrien nach Deutschland geholt. Das eigens für die Geheimoperation gecharterte Flugzeug landete am Sonntagmorgen in Frankfurt am Main. Ursprünglich war die Ankunft für Mitternacht geplant. Doch der Rückflug nach Deutschland verspätete sich wegen eines Notfalls in der Luft massiv. Nach SPIEGEL-Informationen hatte eins der Kinder so starke Krämpfe, dass der Charterjet in Wien notlanden musste. Das Kind und zwei Mitarbeiter des Auswärtigen Amts blieben in Wien. Die Maschine landete schließlich erst gegen fünf Uhr morgens in Frankfurt und flog von dort weiter nach Helsinki.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich »erleichtert« über die erfolgreiche Rückholaktion. »Es handelt sich dabei um humanitäre Fälle«, einige der Kinder seien erkrankt, hob er hervor.
Eine der drei ehemaligen IS-Anhängerinnen, die 21-jährige Leonora Messing aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt, wurde nach Angaben der Bundesanwaltschaft bei ihrer Ankunft am Flughafen festgenommen. Grundlage war ein Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Messing war 2015 als 15-Jährige nach Syrien gereist, um sich der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) anzuschließen. Sie wurde dort Drittfrau des IS-Geheimdienstmitglieds Martin Lemke und bekam mit ihm zwei Kinder. Der Islamist hat laut Bundesanwaltschaft auch eine Jesidin als Sklavin erworben, mit dem Ziel, diese gewinnbringend zu verkaufen. Messing habe ihn bei seinen Aktivitäten unterstützt. Sie soll am Sonntag einem Haftrichter vorgeführt werden, der über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheidet.
Nach Informationen des SPIEGEL laufen auch gegen die beiden anderen Frauen in Deutschland Ermittlungsverfahren wegen Terrorverdachts. Gegen sie ermitteln die Generalstaatsanwaltschaften in Düsseldorf und Hamburg. Sie bleiben allerdings vorerst auf freiem Fuß.
»Die gestrige Rückholaktion war ein Kraftakt, dem Monate intensiver Vorbereitungen und Abstimmungen vorausgingen«, betonte Außenminister Maas. Die ohnehin schwierige Lage in Nordostsyrien sei durch Kampfhandlungen und die Corona-Pandemie in diesem Jahr noch prekärer geworden, viele der Ansprechpartner vor Ort hätten derzeit auch sonst genug Probleme. »Umso mehr gebührt ihnen unser Dank, ebenso wie unseren finnischen Partnern, mit denen gemeinsam wir diese Operation durchgeführt haben«, erklärte der Bundesaußenminister.
Bei der Rückholaktion ging es um drei Frauen, die in den von syrischen Kurden eingerichteten Lagern al-Roj und al-Hol in Nordostsyrien inhaftiert waren. Ebenfalls nach Deutschland geholt wurden fünf Kinder der Frauen sowie sieben Waisenkinder. Alle seien als besonders schutzbedürftig eingestuft worden, hieß es. Die Operation erfolgte laut Auswärtigem Amt gemeinsam mit Finnland, das sechs Kinder und zwei Frauen zurückgeholt habe.
spiegel
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