Als sich das neuartige Coronavirus im vergangenen Winter in Deutschland ausbreitete, wurden vor allem asiatisch aussehende Menschen beäugt und angefeindet. Erste Zahlen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes deuten nun darauf hin, wie stark Rassismus und Diskriminierung während der Corona-Pandemie offenbar zugenommen haben.
Die Zahl der Beratungsanfragen sei bis Ende November auf mehr als 6000 Fälle gestiegen, sagte der Leiter der Bundesbehörde, Bernhard Franke, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das entspreche fast einer Verdopplung gegenüber 3200 Anfragen im Vergleichszeitraum 2019. Bei rassistischen Diskriminierungen habe es bis Oktober eine Zunahme von über 70 Prozent gegeben. Corona habe »für die Diskriminierung einzelner Gruppen von Menschen wie ein Brandbeschleuniger gewirkt«, sagte Franke.
Unter Generalverdacht gestellt
Zu Beginn der Pandemie seien zunächst asiatisch aussehende Menschen diskriminiert worden, so Franke weiter. Später seien Wohnhäuser von Sinti und Roma publikumswirksam abgeriegelt worden. Der Behördenleiter bezieht sich unter anderem auf die Masseninfektionen in der Fleischindustrie. Vor allem rumänische Hilfsarbeiter waren betroffen.
Andere für die Ausbreitung des Virus verantwortlich zu machen, hörte laut Franke auch im Sommer nicht auf: »Menschen mit türkischem oder arabischem Hintergrund fühlten sich unter Generalverdacht gestellt, weil einzelne Hochzeitsfeiern zu Infektionssprüngen geführt hatten.« Dabei sei auch anderswo gefeiert worden, in bayerischen Dörfern etwa.
Neben von Rassismus betroffenen Minderheiten hätten sich allerdings »auch Corona-Leugner und Verschwörungstheoretiker wegen der Maskenpflicht als Diskriminierungsopfer stilisiert«, so Franke. Es handele sich aber nicht um Diskriminierung nach dem Gesetz, wenn man das Maskentragen grundsätzlich ablehne, weil man das Virus für ungefährlich oder die Pandemie für eine Verschwörung halte.
spiegel
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