Streeck regt an, zweite Dosis vorerst wegzulassen

  31 Dezember 2020    Gelesen: 296
Streeck regt an, zweite Dosis vorerst wegzulassen

Es wäre eine "schwierige Entscheidung", sagt Virologe Streeck: Wenn jeder Patient zunächst nur eine statt der vorgesehenen zwei Impfdosen erhielte, könnten mehr Menschen schneller geimpft werden. In anderen Ländern wird dies schon diskutiert. Denn nicht nur in Deutschland ist der Impfstoff knapp.

Der Virologe Hendrik Streeck hat angeregt, im Rahmen der Impfkampagne gegen das Coronavirus Patienten zunächst nur eine statt der vorgesehenen zwei Dosen zu spritzen. So könnten trotz knapper Impfstoffe schnell viele Menschen geimpft werden, sagte Streeck im RTL Nachtjournal. Einige Staaten diskutierten bereits, ob man nur einmal impft. "Die Daten haben gezeigt, dass nach der ersten Impfung schon ein Großteil der Menschen geschützt ist vor der schweren Erkrankung", sagte Streeck, der das Institut für Virologie der Uniklinik Bonn leitet.

Auch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut hält eine Verschiebung der zweiten Impfdosis für erwägenswert. "Da der Abstand zwischen beiden Impfungen mit großer Wahrscheinlichkeit in weiten Grenzen variabel sein kann und der Schutz auch nach einer Impfung schon sehr gut ist, ist es durchaus überlegenswert, bei Impfstoffmangel zunächst bevorzugt die erste Impfung zu verabreichen", sagte Stiko-Chef Thomas Mertens. Allerdings stelle dies eine zusätzliche Herausforderung bei der Planung der zweiten Impfung dar, die letztlich erfolgen müsse.

Hintergrund der Überlegungen ist die geringe Menge an in Deutschland zur Verfügung stehenden Impfdosen. Zwar sind in allen Bundesländern Impfzentren und mobile Teams einsatzbereit. Die Lieferungen des bisher einzigen in der EU zugelassenen Impfstoffs der Hersteller Biontech und Pfizer blieben jedoch hinter den erwarteten Mengen zurück. So musste etwa das einzige bisher in Betrieb befindliche Impfzentrum in Berlin seinen Betrieb für mehrere Tage einstellen.

Einem Bericht des "Guardian" zufolge erwägt etwa die britische Regierung, die Auffrischungsimpfung bei Hunderttausenden Patienten um bis zu zwölf Wochen zu verschieben. Stattdessen könnten entsprechend mehr Menschen zunächst einmal geimpft werden. In Großbritannien sind bereits drei Impfstoffe verschiedener Hersteller zugelassen. Bei ihnen ist jeweils drei bis vier Wochen nach der ersten Impfung die Gabe einer zweiten Dosis vorgesehen.

Mehr als 50 Prozent Schutz

Laut Streeck bietet auch eine einmalige Impfung einen Schutz von mehr als 50 Prozent vor einem schweren Covid-19-Verlauf. "Und wenn man jetzt die zweite Booster-Impfung, wie wir das nennen, die Auffrisch-Impfung, später gibt, könnte man durch die ersten Chargen der Impfdosen eigentlich die Impfkapazitäten verdoppeln", sagte der Virologe. Eine solche Änderung der Impfstrategie müsste allerdings gründlich abgewogen und diskutiert werden. "Einfach ist die Entscheidung nicht, aber es wäre eine Möglichkeit, schnell mehr Menschen zu impfen."

Weiter forderte Streeck angesichts der trotz Lockdown anhaltend hohen Zahl von Corona-Neuinfektionen und Todesfällen eine langfristige Strategie gegen die Pandemie. Die müsse vor allem einen wirksamen Schutz von Alten- und Pflegeheimen gewährleisten. "Wir haben wieder gesehen in den letzten Tagen, dass der Großteil der Todesfälle wieder in den Alten- und Pflegeheimen passiert", sagte Streeck. Wenn dort das Personal regelmäßig, alle zwei, drei Tage getestet würde, Besucher jedes Mal ein Schleusensystem durchlaufen müssten und FFP2-Masken für jeden vorhanden wären, "dann könnte man zumindest die größeren Einträge in diese Heime vermeiden und auch eine Verbreitung unter den Bewohnern".

Quelle: ntv.de, mbo


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