Taycan mit Heckantrieb blitzt die Großen weg

  03 Februar 2021    Gelesen: 884
  Taycan mit Heckantrieb blitzt die Großen weg

Autos aus Zuffenhausen sind keine Schnäppchen. So auch nicht der Porsche Taycan als der erste Sportwagen mit E-Antrieb. Jetzt hat Porsche aber eine neuen Einsteiger in die Range geschoben und der hat es faustdick an der Hinterachse.

Als ntv.de die erste Testfahrt 2019 im Porsche Taycan Turbo S machen durfte, ging es den Zuffenhausern vorrangig darum, zu beweisen, dass ein Elektroauto aus der Sportschmiede nicht nur leistungs-, sondern auch reichweitenstark ist. Und tatsächlich konnte der 152.000 Euro teure Schwabe diese Tugenden auf mehreren Hundert Kilometern durch Schweden unter Beweis stellen. Was er seinerzeit ein wenig schuldig blieb, war die sportliche Attitüde, die man ihm mit einer Rundenzeit auf der Nordschleife von 7 Minuten 42 Sekunden bereits ins Stammbuch geschrieben hatte.

Klar war spürbar, dass der Stromgigant mit seinen 761 PS, einem maximalen Drehmoment von 1050 Newtonmetern und einem Beschleunigungswert von 2,8 Sekunden, in denen er 2,3 Tonnen von 0 auf 100 km/h katapultiert, kein sportliches Leichtgewicht ist. Aber die eigene performante Fahrt, die einen das Fahrzeug am Grenzbereich spüren lässt, die blieb auf den Straßen rund um Göteborg außen vor. Zum einen mangelt es an Kurven, zum anderen sieht die schwedische Polizei es gar nicht gern, wenn man die dort maximal erlaubten 120 km/h auf Autobahnen nachhaltig überschreitet. Und auch das kann man mit dem Taycan Turbo S locker. Schließlich wird der Stromer auf Wunsch bis zu 260 km/h schnell.

Klassisch gehts übers Heck

Doch unterdessen ist viel Strom an den Ladestationen geflossen und Porsche hat das Taycan-Sortiment mächtig aufgerüstet. Wie bei den Verbrennern kann hier jetzt zwischen Turbo S, Turbo und 4S gewählt werden. Hinzu kommt die Wahl zwischen Standard- oder Performance-Batterie. Was allerdings alle Modelle eint, ist der Antrieb, der über alle vier Räder erfolgt. Dabei wird doch so ein klassischer Porsche eigentlich ausschließlich über die Hinterräder angetrieben. Insofern wundert es nicht, dass auch beim Taycan ein Modell mit Heckantrieb hermusste. Zuerst in China präsentiert, dann fürs Guinness-Buch der Rekorde über 210 Runden in die Drift geschickt, durfte er nun auch von ntv.de getestet werden.

Das Testgebiet: der Schwarzwald mit seinen 1000 Kurven. Ein Mekka für Motorradfahrer, aber auch für den Porsche Taycan mit 79,2 kWh Performance-Batterie, 326 PS, die sich im Overboost bis 408 erweitern und einem maximalen Drehmoment von 345 Newtonmetern, das ausschließlich an die Hinterräder weitergereicht wird. Und genau das ist es, was den Spaß ausmacht. Noch dazu, wenn es in die Höhenlagen geht, die Straßen leicht feucht sind und der permanente Druck von hinten kommt, der den zwei Tonnen schweren Elektro-Schwaben eben nicht nur in 5,4 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo beschleunigt, sondern auch ganz famos um die Kurve flutschen lässt.

ESP bevormundet nicht

Nun wäre es vermessen, zu behaupten, dass jede Kehre quer genommen worden wäre. Das wäre nicht nur fahrlässig anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber, sondern auch die pure Verschwendung besten Materials. Dennoch bereitet es größte Lust, das leichte Ausbrechen des Hecks zu spüren, dieses extrem feinfühlige Eingreifen des ESP zu genießen, ohne sich reglementiert zu fühlen und dennoch den Strich zu genießen, den Lenkung und Fahrwerk erlauben, um dann gestochen scharf auf die Gerade zu schießen. Für eine derart flotte Fahrt gibt es natürlich nur zwei Optionen in den Fahrmenüeinstellungen: Sport oder Sport Plus.

Tatsächlich erwies sich die erstgenannte Einstellung in den nassen Kurven des Schwarzwaldes als die bessere, denn gefühlt unterstützte das ESP hier wie gesagt sehr zurückhaltend, aber ausgesprochen hilfreich. In Sport Plus ist die Fahrdynamikregelung wie zu erwarten auch nicht völlig außer Gefecht gesetzt, überlässt dem Fahrer jedoch ein Stück mehr Eigeninitiative in puncto Lenk- und Fußarbeit, ohne ihn aber an irgendeiner Stelle restlos im Stich zu lassen. Hinzu kommt die famose Traktion, die die Porsche-Ingenieure dem Hecktriebler haben angedeihen lassen.

Sieg der Zeitenwende?

Um das famose Handling des Taycan mit Heckantrieb im Schwarzwälder Kurvengewirr zu verdeutlichen, soll die Begegnung mit einem Porsche Cayenne Turbo S E-Hybrid in diesem Geläuf nicht unerwähnt bleiben, die zu einem echten Leistungskampf wurde. Mit diesem genialen 8-Zylinder V-Motor in Kombination mit einem Elektromotor bewaffnet, die gemeinsam eine Systemleistung von 680 PS zur Verfügung stellen und stattliche 900 Newtonmeter maximales Drehmoment auf alle vier Räder stemmen, ging das breite Urvieh als Symbiose aus alter und neuer Welt an den Start.

Und tatsächlich zog der bullige Schwabe mit seiner ganzen Kraft und einer Beschleunigung von 3,8 Sekunden auf Tempo 100 und einer Spitzengeschwindigkeit von 295 km/h in den ersten Kurven dem Taycan einfach nur davon. Aber eben nur solange, bis der Fahrmodischalter im Taycan wieder auf Sport Plus stand. Jetzt hing dem 2,6-Tonnen-Ungetüm ein tief liegendes Sportcoupé an den vier trapezförmigen Endrohren. Und dennoch war es erstaunlich, wie behände sich das SUV um die Kurven bewegte. Letztlich ging die Runde dann aber an den Taycan, der einfach ohne hohen Aufbau, ohne Wankbewegungen und mit einem zentral vernetzten Steuersystem für das Fahrwerk die klar besseren Karten hatte.

Genug Strom auch bei reichlich Fahrspaß

Dem interessierten Leser dürfte spätestens an dieser Stelle klar sein, dass die Testfahrt im Taycan nicht mit angezogener Handbremse durchgeführt wurde und wer den Schwarzwald kennt, der weiß auch, dass die Topografie hier keine Gnade kennt, was das Auf und Ab betrifft. Sogar die Spitzengeschwindigkeit von 230 km/h wurde auf einem freien Stück der A81 weidlich ausgekostet. Insofern ist natürlich die Frage nach dem Stromverbrauch an dieser Stelle durchaus berechtigt. Angegeben wird die Reichweite für den Taycan mit der Performance-Batterie nach WLTP mit 354 bis 431 Kilometern. Als der Wagen in Zuffenhausen übernommen wurde, wurde der Ladestand des Akkus mit 98 Prozent angegeben und die Reichweite mit 347 Kilometern. Die gefahrene Strecke war circa 230 Kilometer lang.

Während Porsche den kombinierten Verbrauch nach WLTP mit maximal 24,8 kWh über 100 Kilometer angibt, lag der NEFZ-Wert mit 28 kWh fast punktgenau bei den auf der Testfahrt verbrauchten 30 kWh, die die Anzeige auf dem freistehenden Kombiinstrument auf dem Dashboard vermeldete. Was wiederum bedeutete, dass nach 2 Stunden 45 Minuten absolut uneingeschränkter Fahrt immer noch genug Strom im Akku war, um weitere 105 Kilometer zu bewältigen. Wer will, könnte an dieser Stelle auch den Fahrmodus "Reichweite" bemühen, der nicht nur die stillen Stromfresser einbremst, sondern auch für eine verstärkte Rekuperation beim Bremsen und Rollen sorgt.

Und noch etwas ist am heckgetriebenen Taycan erwähnenswert: die Ladezeit des Akkus. An der Schnellladestation (DC), also wo mit Gleichstrom geladen wird, dauert es lediglich fünf Minuten, bis Strom für weitere 100 Kilometer in der Batterie ist. Lediglich 22 Minuten dauert es, um hier von 5 auf 80 Prozent zu laden. Und selbst an den öffentlichen AC-Ladestationen vom Typ 2 oder an der heimischen Wallbox mit einer Leistung von 11 kW soll es nach Aussagen von Porsche lediglich vier Stunden dauern, bis der Akku wieder voll ist. Wenn das stimmt, was bis dato nicht nachgeprüft werden konnte, wäre das für die Größe des Akkumulators ein außergewöhnlicher Wert.

Außergewöhnlich ist auch der Preis, den Porsche für den Einstiegs-Taycan aufruft: 83.520 Euro. Das ist eine Stange Geld, aber gemessen an der nächsten Ausbaustufe Taycan S, der mit 106.487 Euro zu Buche schlägt, oder gar dem Turbo S für 186.336 Euro ein echtes Schnäppchen. Und selbst Teslas Model S ist mit 82.000 Euro kaum mehr billiger. Und sorry an alle Tesla-Fans, aber der Taycan fährt sich einfach besser.

Quelle: ntv.de


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