Darf man eigentlich ... ... sein Kind “Adolf“ nennen?

  14 März 2016    Gelesen: 1628
Darf man eigentlich ... ... sein Kind “Adolf“ nennen?
Adolf, so heißen allenfalls Männer, die vor 1945 geboren wurden. In jüngeren Jahrgängen kommt der Name einem Stigma gleich. Einzig in Neonazi-Kreisen könnten Eltern dafür noch Applaus bekommen. Lässt das Standesamt den Namen überhaupt zu?
Mia, Emma, Ben und Jonas - die beliebtesten Vornamen der letzten Jahre sind kurz und gefällig. Während viele Eltern auf den niedlichen Kinderbuch-Charme setzen, vermelden die Standesämter gleichzeitig einen zunehmenden Hang zum Individualismus. "Maddox Maximus", "Luana", "Atreju David" oder "Evangelia" sind nur eine kleine Auswahl der Extravaganzen der letzten Wochen. Wer skeptischen Nachfragen im Standesamt lieber aus dem Weg gehen will, setzt auf bewährte Klassiker: Die Namen der Groß- und Urgroßelterngeneration erleben seit einigen Jahren eine Renaissance. Bei "Frieda", "Anton" oder "Karl" sind keinerlei Probleme zu erwarten. Aber darf man sein Kind eigentlich auch "Adolf" nennen?

Ende des 19. Jahrhunderts war Adolf ein gängiger Vorname und insbesondere im Süden und Westen Deutschlands recht gebräuchlich. Der Name ist abgeleitet von den althochdeutschen Begriffen "adal", was so viel wie "edel" bedeutet, und "Wolf". In der Namenshitparade des Jahres 1890 belegte der "Edelwolf" Platz 13, noch vor Franz, Fritz, Emil oder Georg. In der Folgezeit ging es mit der Beliebtheit aber stets nach unten, erst ab den 1930er Jahren erlebte er aus bekannten Gründen ein kleines Revival. Nach 1945 war das natürlich schlagartig beendet. Selbst unbelehrbare Nationalsozialisten wollten ihre Söhne jetzt lieber nicht mehr mit dem Diktator in Verbindung bringen. Und heute gelten rechtsextreme Weltanschauungen zwar in manchen Kreisen wieder als salonfähig, doch von einem Adolf-Comeback wissen die Standesämter nicht zu berichten.

Kindeswohl steht im Vordergrund

Das liegt aber nicht daran, dass der Name grundsätzlich verboten wäre. Die Standesämter haben keine allgemeingültige schwarze Liste mit Namen, die sie auf jeden Fall ablehnen. Sie sind lediglich dazu angehalten, das Persönlichkeitsrecht des Kindes zu wahren. Der Säugling kann bei fragwürdigen Ideen seiner Eltern ja nicht intervenieren, diese Aufgabe müssen deshalb die Standesbeamten übernehmen, und die entscheiden individuell. Dabei müssen sie auf verschiedene Faktoren achten.

Zunächst mal sollte der Name auch als Name erkennbar sein. Auswüchse wie in den USA, wo Kinder auch "Apple" oder "River" heißen dürfen, sind in Deutschland also kaum möglich. Bei Adolf wäre das natürlich kein Problem. Der Name ist auch als eindeutig männlich erkennbar, womit schon der zweite Punkt abgehakt wäre: Das Geschlecht des Kindes sollte aus dem Namen eindeutig hervorgehen. Inzwischen sehen das die Standesämter nicht mehr so eng, doch bis vor nicht allzu langer Zeit waren "Kim", "Sascha" oder "Andrea" nur mit einem Zweitnamen zulässig. Kritisch wird es allerdings beim dritten Punkt: Der Name darf nicht anstoßerregend sein und soll das Kind nicht beleidigen oder lächerlich machen. "Adolf Hitler" wäre also auf jeden Fall verboten, zumal "Hitler" sowieso nicht als Vorname durchginge.

Falls Eltern das dringende Bedürfnis verspüren, ihren Sprössling "Adolf" zu taufen, wird sich das Standesamt vermutlich genauer nach deren Beweggründen erkundigen. Sollten sich die Eltern beispielsweise als glühende Verehrer von Adolph Kolping erweisen oder auf den innig geliebten Großvater gleichen Namens verweisen, wird das Standesamt wohl seinen Segen geben. Machen sie dagegen keinen Hehl aus ihrer rechtsextremen Gesinnung, dürfte ihnen die Beamten einen Strich durch die Rechnung machen.

Denn "Adolf" als Rufname kann ein Stigma sein, schließlich weckt er beim jeweiligen Gegenüber in den meisten Fällen erstmal eindeutig negative Assoziationen. Das sehen aber offenbar auch die meisten Eltern ein. Dass jemals jemand um den Namen prozessiert hätte, ist jedenfalls nicht bekannt.

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