Mercedes S 600 Guard - bombensicher

  14 März 2016    Gelesen: 811
Mercedes S 600 Guard - bombensicher
Den ersten Mercedes mit einer Sonderschutzausführung baute Mercedes 1931. Damals wie heute wollen die Käufer inkognito bleiben. Wenn die Interessenten aber jetzt einen S 600 Guard kaufen, erhalten sie eine rollende Festung.
In der Regel zeigen Autohersteller auf Messen, was sie haben. Klappern gehört schließlich zum Geschäft. Je mehr PS, je strahlender der Lack, je ausgefallener das Design, umso besser kommt es beim Publikum an.

Doch nicht jeder möchte mit seinem Auto um jeden Preis auffallen. Manchmal geben Leute auch immens viel Geld dafür aus, dass sie unsichtbar und vor allem sicher durch den Verkehr transportiert werden. Und genau diese Vehikel sind es dann, die sich nicht im Trubel des soeben zu Ende gegangenen Genfer Autosalons präsentieren.

Sicher unterm Radar

Der Weg zum Maybach S 600 Guard führt in Genf durch zwei Türen und über eine Treppe sogar in die zweite Etage des Standes von Mercedes Benz. Auf frisch gelegtem Laminat, umrahmt von einer kleinen Sitzecke und flankiert von einem Regal mit mehreren Farbproben für den Lack. Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass sich die Mehrzahl der Interessenten für das gedeckte Schwarz entscheidet, in dem auch das Ausstellungsfahrzeug glänzt. "Unsere Käufer sind Personen mit einem erhöhten Sicherheitsbedarf, der vor allem aus ihrem Amt herrührt", erklärt Produktmanager Markus Nast. Welche Ämter das sind, bleibt offen. Nur so viel wird verraten: dass es bei einem Todesfall durchaus zu politischen Verwerfungen bis weit über die Landesgrenzen hinaus kommen könnte.

Sicher gibt es auch andere Interessenten ,deren Risiko, sich offen durch die Straßen zu bewegen, wohl weniger aus ihrem öffentlichen Amt herrührt. Der Gedanke jedenfalls drängt sich auf, wenn man erfährt, dass es allein in Moskau 40 Servicestationen nur für die deutsche Luxuslimousine mit Spezialpanzerung gibt. Weltweit gesehen ist damit in der russischen Metropole die Werkstattdichte für diese Fahrzeuge am größten. In Deutschland bedarf es eines solchen Netzes nicht, erklärt Nast. Hier können alle Werkstätten etwaige Reparaturen vornehmen. Beispielsweise, wenn ein Spiegel abgefahren wurde.

Da geht nichts durch

Hört sich trivial an? Mitnichten. Das, was an einer Panzerlimousine schützenswert ist, ist die Fahrgastzelle, so Nast. Und deren Umrahmung fängt an der A-Säule an. Eben an jenem Punkt, an dem auch der Außenspiegel angebracht ist. Aber allein dieser neuralgische Punkt muss technisch so verstärkt sein, dass kein Geschoss den Weg hindurchfindet. Da der Wagen mit der ballistischen Schutzklasse VR10 erstmals die bislang noch nie erreichte, höchste Schutzstufe für Zivilfahrzeuge bekommen hat, sollte das auch nicht passieren. Nur zur besseren Einordnung: Das Blech von Fahrzeugen mit der Einstufung VR4 hält dem Beschuss mit einer 44er Magnum aus fünf Metern Entfernung stand. VR6 und VR7 müssen Kugeln aus einem zehn Meter entfernten Sturmgewehr aushalten. Dazu zählen die Gewehre Heckler&Koch G3, das Sturmgewehr der US-Armee M16 oder die Kalaschnikow AK-47.

"Die Schutzklassen VR7 oder VR10 sind für Personen mit permanentem Schutzbedarf geeignet", sagt Nast. Wer also mit einer Panzerung im Maße VR10 unterwegs ist, sitzt nicht nur in einem Premiumauto, sondern ist auch premium geschützt. Selbst Stahlkerngeschosse mit einer Einschlaggeschwindigkeit von 860 Metern pro Sekunde – das sind 3069 km/h oder 2,5 Mach – haben keine Chance, ins Innere des Autos zu dringen. Um diesen Schutz zu gewährleisten, besteht die Außenhaut aus Panzerstahl, Aramidgewebe und Keramik. Die Scheiben sind aus mehreren Schichten Spezialglas mit einer splitterhemmenden Polycarbonatschicht.

Knöpfe wie bei James Bond

Am Ende wiegt allein die Tür an die 160 Kilogramm und muss durch ein zusätzliches Scharnier gesichert werden, damit sie nicht alles aus den Angeln reißt. Auch das Gewicht der Frontscheibe hat sich verzehnfacht. Wiegt sie bei der normalen Luxuslimousine 13 Kilogramm, hat sie beim Guard satte 130. Doch so sicher die Scheiben von außen sind, so empfindlich sind sie von innen. Wird hier die Schutzfolie auch nur angekratzt oder durch ein chemisches Reinigungsmittel in Mitleidenschaft gezogen, verliert der Wagen sein Sicherheitszertifikat.

Während die Fahrgäste sich im S 600 Guard also absolut sicher fühlen können, gibt es für den Fahrer zusätzlich einige James-Bond-Tasten. Versteckt im Becherhalter des gepanzerten Luxusliners. Zugegeben: Raketen abfeuern, Öl auf die Straße kippen oder Nägel verstreuen kann man nicht. Aber zum Beispiel bei einem Brand den bordeigenen Feuerlöscher aktivieren oder eine künstliche Sauerstoffzufuhr in den Innenraum leiten. Natürlich gibt es noch mehr Optionen, aber die will Nest nicht verraten. Schließlich sollen potenzielle Angreifer nicht wissen, womit der Luxuspanzerfahrer noch so punkten kann.

Apropos Panzer. Mit über vier Tonnen Gewicht braucht es einen entsprechenden Motor, der diese Masse bewegen kann. Bei dem Aggregat handelt es sich um einen V12, der mit 530 PS auch die Langversion aus Stuttgart befeuert. Allerdings kann die elektronisch abgeregelt mit 250 km/h über die Autobahn schießen. Beim S 600 Guard reicht es je nach Gewicht lediglich noch für 190 bis 210 km/h. Abhängig ist das letztlich vom Endgewicht. "Wichtig ist", so Nast, "dass der Wagen bei einem Angriff aus der Gefahrenzone bewegt werden kann". Und dafür reichen die 830 Newtonmeter Drehmoment, die bei einem Kickdown an die mit Spezialgummis bespannten Räder gegeben werden, allemal aus.

Der Motor soll sogar nach einem Treffer in der Lage sein, die Insassen soweit zu tragen, dass sie für den Augenblick sicher sind. Der Schutz gilt nämlich ausschließlich den Insassen. "Der Motor und der Kofferraum bleiben so wie in der Serienversion. Die Fahrgastzelle hingegen ist so gut gesichert, dass selbst am Unterboden oder auf dem Dach angebrachte Sprengsätze keine nennenswerte Wirkung haben", erklärt Nast. So viel Sicherheit hat natürlich ihren Preis. Die Basisversion des Mercedes-Maybach S 600 Guard kostet etwa 460.000 Euro. Je nach Ausstattung ist der Weg nach oben aber offen. Allein die schon erwähnte Frischluftzufuhr kostet knapp 10.000 Euro extra.

Quelle: n-tv.de


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