Außerdem reichten die Vorhaben der Bundesregierung bei Weitem nicht aus, um die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, meinte Neubauer. Die Übereinkunft sieht vor, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Greenpeace-Klimaexpertin Göldner sagte, der coronabedingte kurzfristige Erfolg drohe zu verpuffen, sobald das Virus besiegt sei. Der Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende, Graichen, sagte, für die Jahre 2021/22/23 sei zu befürchten, dass die Treibhausgasemissionen wieder steigen. Grund seien „Corona-Nachholeffekte“ und der fehlende Ausbau von Wind- und Solaranlagen. Er betonte, es brauche dringend ein Klima-Sofortprogramm, um das Risiko steigender Emissionen abzuwenden.
Fortschritte im Energiesektor
Bundesumweltministerin Schulze hatte die Klimabilanz gemeinsam mit dem Umweltbundesamt in Berlin vorgestellt. Demnach lagen die CO2-Emissionen im vergangenen Jahr um 40,8 Prozent unter dem Stand von 1990 und um 8,7 Prozent unter dem Stand von 2019. Schulze führte aus, dass fast alle Sektoren die Vorgaben aus dem Klimaschutzgesetz einhalten konnten. Am deutlichsten sei der Fortschritt bei der Energiewirtschaft. Nach Einschätzung der SPD-Politikerin zeigen sich hier vor allem die Folgen des Kohleausstiegs.
Im Verkehrsbereich mache sich dagegen vor allem die Corona-Pandemie bemerkbar. Hier gehe es darum, die erreichten Fortschritte in Nach-Corona-Zeiten zu retten. Im Gebäudesektor wurden etwas mehr Emissionen verzeichnet als nach dem Klimaschutzgesetz eigentlich erlaubt. Deshalb greift eine Sonderregel: Nachdem ein unabhängiger Expertenrat die Defizite in diesem Bereich bestätigt, muss das Bundesbauministerium ein Sofortprogramm erarbeiten, um schnelle Einsparungen zu erreichen.
Bundesinnenminister Seehofer – auch zuständig für das Bau-Ressort – erklärte, die energetische Sanierung von Gebäuden werde mit Milliardenbeträgen gefördert. Außerdem setze man auf den Bau von Millionen neuen Wohnungen, „denn wer neu baut, baut klimafreundlich.“ Die Senkung von Emissionen sei aber nicht von heute auf morgen möglich. Das Wirtschaftsministerium verwies darauf, dass Förderprogramme stark abgerufen würden und die Zahl der Sanierungen steige.
„Ohne Folgen der Corona-Krise wäre Klimaziel verfehlt worden“
Vor der Corona-Pandemie galt es als unwahrscheinlich, dass Deutschland sein Kliamziel einhalten würde. Insgesamt sank der Treibhausgasausstoß in Deutschland im vergangenen Jahr um rund 70 Millionen Tonnen. Laut Umweltbundesamt lässt sich rund ein Drittel der Minderung auf die Folgen der Corona-Pandemie zurückführen. Der Präsident des Umweltbundesamtes Messner sagte nun, ohne die Folgen der Corona-Krise wäre das Klimaziel 2020 insgesamt wohl knapp verfehlt worden. Gerade im Bereich Verkehr sieht er CO2-Einsparungen durch die Krise sowie nun großen Handlungsdruck. Denn sobald der Vekehr nach dem Lockdown wieder an Fahrt aufnehme, dürfte das Klimaziel des Verkehrssektors für 2022 in weite Ferne rücken.
DLF-Hauptstadtkorrespondentin Büüsker bezeichnete die Klimabilanz in ihrem Kommentar als „Jammer“: „Denn sie macht es möglich, dass sich die Verantwortlichen einen schlanken Fuß machen, weil die Zahlen für ihren Sektor aufgrund der Coronapandemie viel besser ausfallen, als sie eigentlich sind. Gerettet durch den Lockdown – vor politischer Verantwortung.“
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