Die Jury im Bundesstaat Minnesota sah es am Dienstag als erwiesen an, dass Derek Chauvin sich unter anderem des Mordes zweiten Grades schuldig gemacht habe. Dabei muss nach dem Recht des Bundesstaates Minnesota kein Vorsatz vorliegen. Das Strafmaß wird getrennt festgelegt. Im Vorfeld erklärten Experten, dem 45-jährigen Chauvin drohten bis zu 40 Jahre Haft. Nach der Urteilsverkündung brach vor dem Gericht Jubel aus, Menschen lagen sich in den Armen. Als bekannt wurde, dass Chauvin in allen drei Punkten Anklagepunkten schuldig gesprochen worden war, skandierte die Menge „all three counts”.
Bei der Verhandlung waren über drei Wochen hinweg 45 Zeugen gehört worden. Die Jury begann ihre Beratungen am Montag. Unmittelbar zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer die Geschworenen aufgerufen, "Ihren Augen zu trauen" und ihnen ein Video von Floyds Tod am 25. Mai bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis vorgespielt.
„Neun Minuten und 29 Sekunden”, sagte Staatsanwalt Steve Schleicher immer wieder, die Zeit, die Chauvin Floyd mit seinem Knie auf den Hals am Boden fixierte. Chauvins Anwalt Eric Nelson sagte dagegen, sein Mandant habe sich wie ein „vernünftiger Polizeibeamter” verhalten angesichts der Umstände. Chauvins Vorgehen habe den Vorschriften entsprochen, „so unschön das sein mag”.
Für den Schuldspruch im Anklagepunkt Mord zweiten Grades mussten die zwölf Geschworenen einstimmig befinden, dass Chauvin „über jeden vernünftigen Zweifel erhaben” eine Straftat wie etwa Körperverletzung begangen hatte, die maßgeblich zu Floyds Tod beitrug. Zusammen mit zwei Ersatz-Geschworenen bestand die Jury unter anderem aus acht Weißen und vier Schwarzen. Das Verfahren fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt, das Gerichtsgebäude wurde von der Nationalgarde geschützt.
Floyd war vor einem Lebensmittelgeschäft festgenommen worden, dessen Mitarbeiter ihm vorwarfen, mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein Zigaretten bezahlt zu haben. Eine Augenzeugin hielt die anschließenden Szenen mit einer Handykamera fest. Der Polizist ließ demnach nicht von Floyd ab, als dieser klagte, keine Luft zu bekommen. Das Video löste in den USA Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt aus, von denen einige in Gewalt umschlugen. Der Vorfall reihte sich ein in eine Serie von tödlichen Übergriffen weißer Polizisten auf Schwarze, die zur Bewegung Black Lives Matter führten und auch im US-Wahlkampf eine Rolle spielten. Auch in anderen Ländern kam es nach Floyds Tod zu Demonstrationen.
snanews
Tags: