Hatte die Polizei die Proteste unterschätzt?
Polizeipräsident Gerhard Bereswill resümiert: "Die Polizei hatte sich schon auf gewalttätige Auseinandersetzungen vorbereitet." Aber: "Die Vehemenz und die Skrupellosigkeit der Gewalt gegen die Polizei und die Gesellschaft hatten wir so nicht erwartet." Kurz nach den schweren Krawallen am Morgen des 18. März hatte Bereswill von etwa 4000 "hemmungslos Agierenden" gesprochen. Sie seien aus fast allen Bundesländern und dem Ausland angereist. Trotz der Krawalle am Morgen: Der Polizei sei es gelungen, "die Einweihung der EZB sowie den Aufzug und die Kundgebung am Nachmittag weitestgehend störungsfrei zu gewährleisten". Mehr als 17.000 Menschen hatten in der City friedlich gegen die EZB-Politik demonstriert.
Sind Randalierer verurteilt worden?
Im bisher einzigen Prozess ist ein Italiener rechtskräftig verurteilt worden. Das Amtsgericht Frankfurt hat den Studenten am 3. Juni vergangenen Jahres wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter schwerer Körperverletzung zu 14 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt. Der Mann hat die Berufung vor Kurzem zurückgenommen. Der damals 23-Jährige hatte einen Polizisten mit einem Stein beworfen und verletzt, insgesamt soll er fünf Steine geworfen haben. Zuvor habe eine Freundin einen Schlag auf die Lippe bekommen. Deshalb und wegen seiner Wut auf die EZB habe er in der aufgeladenen Atmosphäre Steine geworfen, hatte er im Prozess gesagt.
Wann beginnt der nächste Prozess?
Ein 25 Jahre alter Mann aus Karlsruhe muss sich wegen schweren Landfriedensbruchs vor einem Frankfurter Schöffengericht verantworten. Er soll eine Holzlatte gegen einen Polizisten geschleudert und einen anderen Beamten mit einer leeren Flasche beworfen haben. Einen genauen Termin gibt es noch nicht, der Prozess beginnt frühestens im Mai.
Hat die Staatsanwaltschaft noch mehr Anklagen erhoben?
In fast 200 Fällen wurden Strafverfahren eingeleitet, der Großteil davon aber eingestellt. In sieben Fällen hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Zudem erteilte sie nach eigenen Angaben zwölf Strafbefehle, die mit Geldstrafen verbunden waren. Die Straftaten: Landfriedensbruch, Körperverletzung, versuchte Körperverletzung, Widerstand und Sachbeschädigung.
Wie viele Menschen wurden bei den Krawallen verletzt?
Von rund 150 verletzten Polizisten und 200 verletzten Demonstranten hatten Polizei und Organisatoren kurz nach den Krawallen gesprochen. Das hessische Innenministerium geht in seiner Antwort auf eine Anfrage der Linken im Landtag von 150 verletzten Beamten und einer verletzten Demonstrantin aus. Einige der Polizisten hätten ein Jahr später noch immer mit ihren Verletzungen zu kämpfen und seien noch nicht wieder im Dienst, bedauert Polizeipräsident Bereswill.
Wie hoch war der Sachschaden?
Randalierer zündeten Autos, Mülltonnen und Barrikaden an, warfen Scheiben ein, griffen Polizisten und Feuerwehrleute an, beschmierten Hauswände und attackierten eine Polizeiwache. Die Polizei nahm insgesamt 850 Straftaten auf. Die Feuerwehr rückte nach eigenen Angaben 55 Mal aus, der Rettungsdienst zählte 280 Einsätze. Den Sachschaden beziffert das Ministerium auf rund 1,4 Millionen Euro.
Was ist aus Blockupy geworden?
Um das kapitalismuskritische Bündnis aus zahlreichen Gruppierungen ist es nach der scharfen Kritik an den gewalttätigen Krawallen ruhig geworden. Ein Aufruf zu internationalen Protesten und Streiks für den 1. März "ging ins Leere", wie Protestforscher Dieter Rucht sagt. Der Berliner Wissenschaftler nennt mehrere Gründe: Die Wiederholung des Gleichen – etwa ein Blockadeversuch der EZB pro Jahr – habe keinen größeren Neuigkeitswert, es sei denn es komme zu Zwischenfällen. "Andere Themen überlagern den Protest und ziehen auch mehr Leute an." Als Beispiel nennt er die Proteste gegen das Freihandelsabkommen TTIP, die bis zu 250.000 Leute angezogen hätten.
Plant Blockupy neue Proteste?
Die Aktivisten wollen auf europäischer Ebene weiter machen. Derzeit werde über eine Protestaktion im Herbst in Berlin nachgedacht, sagte eine Sprecherin. Rund zwei Jahre nach dem Protest in Frankfurt werde es zur Bundestagswahl 2017 auch in Berlin "etwas Größeres" geben.
Quelle : welt.de
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