Rechte für Geimpfte werfen praktische Fragen auf

  04 Mai 2021    Gelesen: 1427
Rechte für Geimpfte werfen praktische Fragen auf

Die Impfkampagne hat in den letzten Wochen deutlich Fahrt aufgenommen, und damit auch die Debatte um die Rechte der Geimpften. Bundestag und Bundesrat entscheiden möglicherweise noch in dieser Woche über Erleichterungen. Doch die Kritik an den Plänen hält an - aus unterschiedlichsten Gründen.

Die geplante bundesweite Rücknahme bestimmter Freiheitseinschränkungen für vollständig gegen Corona geimpfte Menschen sorgt für kontroverse Diskussionen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert fälschungssichere Dokumente, die Genesene und Geimpfte bei Kontrollen vorzeigen könnten. Amtsärzte plädieren dafür, Geimpfte weiter auf das Coronavirus zu testen, etwa bei der Einreise nach Deutschland. Und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow kritisierte die Pläne der Bundesregierung als undurchsichtig und verwirrend.

Es geht um eine bundesweite Verordnung zur Rückgabe von Rechten an Geimpfte und Genesene. Die soll jetzt doch deutlich schneller kommen als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor einer Woche angekündigt hat. Union und SPD haben sich darauf geeinigt, dass die entsprechenden Änderungen am Donnerstag im Bundestag und am Freitag im Bundesrat beschlossen werden sollen - wenn denn die Bundesländer mitziehen. Am Mittwoch soll es zunächst noch einen formalen Beschluss im Bundeskabinett geben.

In vielen Bundesländern sind Regeln zur Rücknahme von Einschränkungen für Geimpfte bereits in Kraft. Die CDU-Gesundheitsexpertin Karin Maag sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Unions-Bundestagsfraktion trage die Vorschläge von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht grundsätzlich mit. Vorgesehen ist eine rechtliche Gleichstellung von Geimpften und Genesenen mit Menschen, die negativ getestet sind. Geimpfte und Genesene sollen auch ohne vorherigen Test in Geschäfte, Zoos oder zum Friseur gehen dürfen.

Zudem sollen für sie aber auch die Kontaktbeschränkungen und Ausgangsbeschränkungen gelockert oder aufgehoben werden. Nach Reisen müssten sie nicht in Quarantäne - es sei denn, sie reisen aus einem Virusvariantengebiet ein. Die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten sowie das Abstandsgebot im öffentlichen Raum sollen aber für alle weiter gelten.

Ärzte fürchten um Überblick

Die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, hält das für gefährlich: "Es wäre fatal, wenn Geimpfte und Genesene künftig von allen Testpflichten etwa bei der Einreise ausgenommen würden", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Ohne umfassende Tests verlieren wir den Überblick über das Infektionsgeschehen - gerade auch mit Blick auf Virusvarianten." Gesundheitsminister Jens Spahn hatte angekündigt, dass bei Einreisen nach Deutschland künftig ein vollständiger Impfnachweis anstelle eines Tests ausreichen soll.

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, sagte im ARD-"Nachtmagazin" mit Blick auf Kontrollen der Polizei, aus der geplanten Verordnung müsse klar hervorgehen, für wen was gelten solle. Ebenso müsse klar sein, welche Papiere die Menschen in Sachen Corona mit sich führen müssten.

Gut 28 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind inzwischen mindestens einmal gegen Corona geimpft, wie das Robert Koch-Institut am Montagmittag mitgeteilt hatte. Vollen Impfschutz haben demnach bislang acht Prozent der Bevölkerung.

Thüringens Regierungschef Ramelow kritisierte die Pläne des Bundes in der "Rheinischen Post" mit den Worten: "Ich weiß bis heute nicht, was genau der Bundesgesetzgeber eigentlich regeln will." Außer der öffentlichen Debatte, die von "wahlkämpfenden Politikern" befeuert werde, sei ihm bislang keine klare Vorlage der Bundesregierung bekannt. Die derzeitige Debatte stifte viel Verwirrung in der Gesellschaft, so der Linken-Politiker.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erwartet nach eigenen Worten Mitte oder Ende Mai ein exponentielles Absinken der Corona-Infektionszahlen. Gegenüber merkur.de sagte er: "Die aktuellen Corona-Zahlen sind bislang der funktionierenden Notbremse und nicht dem Impfen geschuldet. Das ändert sich erst, wenn die Quote der Erstgeimpften zwischen 40 und 60 Prozent liegt." Deutschland werde ab der dritten oder vierten Maiwoche soweit sein. Einschränkungen der persönlichen Grundrechte hält Lauterbach bei doppelt geimpften Personen nicht mehr für vertretbar. Öffnungen von Läden, Kneipen oder anderen Angeboten für Immunisierte lehnt er allerdings ab. Dafür sei ihre Zahl noch zu klein. Zudem würden derartige Regelungen die Gesellschaft spalten: "Wer noch nicht geimpft ist, ist das in aller Regel, weil er sich an die Impfreihenfolge hält, dafür sollte niemand bestraft werden", sagte Lauterbach der "Augsburger Allgemeinen".

Quelle: ntv.de, ino/dpa


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