Vor dem Besuch von Bundesaußenminister Heiko Maas in Israel und den palästinensischen Gebieten im Westjordanland verstärken sich die Anzeichen für eine mögliche Waffenruhe. Entsprechende Signale kamen von Seiten der Hamas, die mit dem Raketenbeschuss auf Israel begonnen hatte. "Ich denke, dass es in den nächsten zwei Tagen wahrscheinlich eine Waffenruhe geben wird. Gott weiß, wann die Vermittler eine Einigung erzielen können", zitieren israelische Medien das Hamas-Führungsmitglied Mussa Abu Marzuk. Auch im israelischen Fernsehen wurde nicht ausgeschlossen, dass der von US-Präsident Joe Biden aufgebaute Druck zu einem Ende der Kämpfe führen könnte.
Maas will bei seinem Besuch ausloten, was die internationale Gemeinschaft zu einer Waffenruhe im Gaza-Konflikt beitragen kann. Vor allem aber gehe es ihm um ein Zeichen der Solidarität mit denjenigen, die Tag und Nacht um ihr Leben fürchten oder um ihre Angehörigen trauern müssten, sagte der SPD-Politiker kurz vor der Reise. "Deutschland steht ohne Wenn und Aber zu unserer Freundschaft mit Israel, das sich gegen den Raketenterror der Hamas verteidigen muss", betonte Maas. "Und auch auf unsere humanitäre Unterstützung für die Palästinenser war selbst in schwierigen Zeiten immer Verlass."
Biden dringt auf "deutliche Deeskalation"
Entscheidend für ein Ende der Gewalt dürfte der Druck der USA sein. Das Weiße Haus hatte am Mittwoch mitgeteilt, US-Präsident Joe Biden habe Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bei einem Telefonat gesagt, dass er noch im Laufe des Tages eine "deutliche Deeskalation (...) auf dem Weg zu einer Waffenruhe" erwarte. Netanjahu ignorierte diese Forderung und verkündete stattdessen anschließend über Twitter: "Ich bin entschlossen, diese Operation fortzusetzen, bis ihr Ziel erreicht ist."
Ziel des Militäreinsatzes gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen sei es, den Bürgern Israels Sicherheit und Ruhe zu verschaffen, betonte Netanjahu. Auf die von Biden geäußerte Erwartung nach Deeskalation ging er nicht direkt ein. Er dankte dem US-Präsidenten lediglich dafür, dass er sich für das Selbstverteidigungsrecht Israels ausgesprochen habe. Ein hochrangiger israelischer Armeevertreter hatte vor Journalisten mit Blick auf den Militäreinsatz bereits von "sehr, sehr wichtigen Erfolgen" gesprochen, die dazu beitrügen, den Süden des Landes zu stabilisieren. Es werde nun geprüft, ob diese ausreichten.
Maas besucht Israel und die Palästinensischen Gebiete zehn Tage nach der Eskalation des Konflikts zwischen Israel und militanten Palästinensern. Am 10. Mai hatten die heftigen Raketenangriffe der islamistischen Hamas auf Jerusalem und andere Städte begonnen. Darauf reagierte Israel mit massiven Bombardements von Hamas-Zielen im Gazastreifen.
Maas reist auch in Palästinensergebiete
Maas betonte, er wolle bei seinen Gesprächen ausloten, wie ein Weg zurück zu Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern geebnet werden kann - "auch wenn das derzeit meilenweit entfernt scheint", sagte er. "Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit sind ein Sicherheitsproblem. Israelis und Palästinenser brauchen wieder eine Perspektive für eine friedliche Zukunft." Sonst sei die nächste Eskalation nur eine Frage der Zeit. Unter anderen will Maas sich mit Netanjahu, Außenminister Gabi Aschkenasi, Verteidigungsminister Benny Gantz und Präsident Reuven Rivlin treffen. In den Palästinensischen Autonomiegebieten steht ein Gespräch mit Präsident Mahmud Abbas auf dem Programm. Zusammen mit Aschkenasi will Maas in Petach Tikwa, einer Stadt im Großraum Tel Aviv, auch ein Gebäude besichtigen, in das vergangene Woche eine Rakete eingeschlagen ist.
Israels Botschafter in Berlin, Jeremy Issacharoff, hob die Bedeutung des Besuchs von Maas hervor. "Er ist der Außenminister Deutschlands, und Deutschland wird als traditionell enger Verbündeter angesehen". Der deutschen Position werde deshalb auch Gewicht beigemessen. "Es ist nicht nur eine symbolische Geste, es ist eine Botschaft der Solidarität", sagte Issacharoff.
In der Nacht zu Donnerstag gab es in Gemeinden in der Nähe des Gazastreifens und auch im 40 Kilometer entfernten Beerscheva wieder Luftalarm. Zehntausende Israelis mussten in die Schutzräume. Über Raketeneinschläge wurde zunächst nichts bekannt. Die israelische Luftwaffe griff in der Nacht auch wieder Ziele in dem Küstenstreifen an. Über neue Opfer gab es zunächst keine Angaben. Seit Beginn der neuen Eskalation haben militante Palästinenser nach Armeeangaben rund 4000 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert. Israels Luftwaffe beschoss daraufhin nach Militärangaben mehr als 1000 Ziele im Gazastreifen. Bei dem gegenseitigen Beschuss starben bisher im Gazastreifen nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 227 Menschen, rund 1620 wurden verletzt. In Israel gab es nach offiziellen Angaben zwölf Tote und Hunderte Verletzte.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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