Das Urteil ist überraschend, Prozessbeobachter hatten mit einer Verurteilung gerechnet. Der Vorsitzende der Serbischen Radikalen Partei (SRS) musste sich für die Ermordung Tausender und die Vertreibung zehntausender Kroaten und Muslime in Bosnien in den 90er Jahren verantworten. Die Anklage hatte 28 Jahre Gefängnis gefordert.
Šešelj, der vor dem UN-Tribunal immer wieder provozierte, wurde 2014 aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen. Der 61-Jährige weigerte sich, zur Verkündung des Urteils nach Den Haag zu kommen.
Vojislav Šešelj war neben dem damaligem serbischen Präsidenten Slobodan Milošević ein Hauptakteur bei der Auflösung Jugoslawiens und bei den von Belgrad ausgehenden Vertreibungs- und Mordkampagnen. Nach dem Ende der Jugoslawienkriege setzte Šešelj seine politische Karriere fort – auch nachdem im Jahr 2006 der Prozess in Den Haag gegen ihn eröffnet wurde.
Derzeit führt Šešelj Wahlkampf. Er hat Chancen, mit seiner Serbischen Radikalen Partei (SRS) nach der Wahl am 25. April ins Parlament einzuziehen. In Umfragen liegt die Partei, die die Schaffung eines "großserbischen" Staates anstrebt, bei sechs Prozent. Bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2012 blieb das Bündnis mit 4,61 Prozent unter der Fünfprozenthürde und musste das Parlament verlassen.
Seit seiner Gründung vor über 20 Jahren hat das UN-Kriegsverbrechertribunal zum früheren Jugoslawien in Den Haag 161 Personen angeklagt. 80 wurden verurteilt. Gegen 12 Personen laufen noch Verfahren.
Zuletzt wurde in der vergangenen Woche der ehemalige Serbenführer Radovan Karadžić unter anderem für den Völkermord in Srebrenica zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt. Er ist der bislang ranghöchste Politiker, der verurteilt wurde. Er will in Berufung gehen.
Das Urteil über den Ex-General Ratko Mladicm, der ebenfalls wegen des Völkermordes in Srebrenica vor Gericht steht, wird für kommendes Jahr erwartet.
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