Die Europäische Union wirft Russland vor, in der Ukraine Kriegsverbrechen zu begehen. Russland greife die Zivilbevölkerung an und ziele unter anderem auf Krankenhäuser, Schulen und Schutzräume, heißt es einer am frühen Freitagmorgen veröffentlichten Erklärung des EU-Gipfels in Brüssel. "Diese Kriegsverbrechen müssen sofort aufhören." Am Mittwoch hatte die US-Regierung russischen Truppen in der Ukraine erstmals offiziell Kriegsverbrechen vorgeworfen. "Unsere Einschätzung stützt sich auf eine sorgfältige Prüfung der verfügbaren Informationen aus öffentlichen und geheimdienstlichen Quellen", teilte US-Außenminister Antony Blinken mit.
US-Präsident Joe Biden nahm am Donnerstag zeitweise als Gast an dem EU-Gipfel teil. Kriegsverbrechen sind Verstöße gegen das Völkerrecht, gegen die vor dem Internationalen Strafgerichtshof geklagt werden kann. Zu Kriegsverbrechen gehören etwa das gezielte Töten von Zivilisten sowie das Aushungern der Zivilbevölkerung, die Behinderung humanitärer Hilfe und der Einsatz atomarer oder chemischer Waffen.
In ihrer Erklärung des Gipfels vor zwei Wochen in Versailles hatte die EU noch darauf verzichtet, den Begriff "Kriegsverbrechen" ausdrücklich zu benutzen. Auch damals war jedoch von "willkürlichen Angriffen auf die Zivilbevölkerung und zivile Objekte" die Rede. "Die grundlose und ungerechtfertigte militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine verstößt grob gegen das Völkerrecht und die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen." In der Abschlusserklärung des aktuellen Gipfels heißt es nun, dass Russlands Aggression gegen die Ukraine das Völkerrecht eklatant verletze und zu massiven Verlusten an Menschenleben und Verletzungen der Zivilbevölkerung führe.
Fonds geht auf Selenskyjs Vorschlag zurück
Die Verantwortlichen und ihre Helfer würden im Einklang mit dem Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen werden. Man werde weiter koordinierte politische, finanzielle, materielle und humanitäre Unterstützung für die Ukraine leisten. Zudem sei man bereit, rasch weitere koordinierte starke Sanktionen gegen Russland und Belarus zu beschließen. Jeder Versuch, die bereits beschlossenen Sanktionen zu umgehen oder Russland anderweitig zu helfen, müsse gestoppt werden.
Zudem einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich bei ihrem Gipfeltreffen auf einen Solidaritäts-Fonds zur Unterstützung der Ukraine. Geplant sei ein "Treuhandfonds zur Solidarität mit der Ukraine", heißt es in der Erklärung. Dafür soll eine internationale Geberkonferenz einberufen werden. Ein mögliches Datum oder ein Ort werden nicht genannt.
Dem Text zufolge soll der Fonds kurzfristige finanzielle Hilfe ermöglichen, aber auch Unterstützung "für den Wiederaufbau einer demokratischen Ukraine" nach einem möglichen Waffenstillstand mit Russland. Der Fonds geht nach Angaben aus EU-Kreisen auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zurück. Dieser hatte die Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend in einer Videoansprache erneut um Unterstützung und Energie-Sanktionen gegen Russland gebeten.
Die EU hatte zuvor bereits Krisenhilfen im Umfang von 1,2 Milliarden Euro für die Ukraine auf den Weg gebracht. Zudem will sie ihre Militärhilfe für das Land auf eine Milliarde Euro verdoppeln. Morgen setzen die Staats- und Regierungschefs ihre Beratungen gegen 10 Uhr fort. Hauptthema sind die massiv gestiegenen Energiepreise. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will mit US-Präsident Joe Biden am Vormittag in Brüssel zudem ein Abkommen zur Lieferung von Flüssiggas nach Europa schließen.
Quelle: ntv.de
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