Also fuhr sie nach Dänemark. "Wenn ich jetzt nichts unternehme, werde ich kinderlos bleiben", erzählt sie der schwedischen Tageszeitung "Svenska Dagbladet" in einem Interview.
Ihrem Entschluss waren lange Überlegungen vorausgegangen, Gedanken, dass nur Paare Kinder bekommen, dass Kinder doch in einer Familie mit Mutter und Vater aufwachsen sollten. "Diese Vorstellungen habe ich dann völlig über Bord geworfen", sagt die heute 58-jährige Mutter von den 19-jährigen Zwillingen Jens und Tom.
Es gab Gegenstimmen, auch Enthaltungen
Sie war damals eine Pionierin, als sie nach Dänemark reiste. Heute müsste sie das nicht mehr tun. Im Januar verabschiedete das schwedische Parlament mit großer Mehrheit ein neues Gesetz, dass ab 1. April auch alleinstehenden Frauen eine künstliche Befruchtung ermöglicht. Bislang war das in Schweden heterosexuellen und lesbischen Paaren vorbehalten.
In Deutschland ist die Gesetzeslage bislang unklar. Offiziell schließt das ärztliche Berufsrecht die künstliche Befruchtung bei alleinstehenden Frauen aus. Allerdings ist nicht geklärt, ob sich ein Arzt zwingend an das Berufsrecht halten muss. Insofern ist die Entscheidung dem Arzt überlassen.
Trotz großer parlamentarischer Mehrheit ist das neue Gesetz aber auch in Schweden nicht unumstritten. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten stimmten geschlossen gegen die von der rot-grünen Regierung eingebrachte Vorlage. Die Christdemokraten enthielten sich der Stimme.
Auch außerhalb des Parlaments wird seit Jahren darüber zum Teil heftig diskutiert, ob Kinder nicht in einer traditionellen Familie mit Mutter und Vater aufwachsen sollten. Selbst der schwedische Kinderombudsmann äußerte Zweifel, ob das Recht der Kinder nicht durch das neue Gesetz verletzt werde. Doch in einem Land, das in allen Bereichen nach größtmöglicher Egalität strebt, setzten sich die Befürworter der Insemination auch für Single-Frauen nach jahrelangen Diskussionen letztendlich durch.
"Wir sind der Ansicht, dass man nicht in einem Paarverhältnis leben muss, um Eltern werden zu können", appellierten die Befürworter des neuen Gesetzes. Und auch der Verband für Sexualaufklärung begrüßte die Reform. "Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass alle ein Recht auf ein Kind haben", so eine Verbandssprecherin. Gejubelt hat man auch bei Femmis, einem 2005 gegründeten Verein alleinstehender Frauen mit Kinderwunsch und Müttern, die sich im Ausland an Fertilitätsklinken gewandt haben. "Es ist ein unglaublich herbeigesehntes Gesetz für uns", sagt die Femmis-Vorsitzende Sophia Nilsson.
Bis zu sechs Versuche werden nun finanziert
Die Kosten für die künstliche Befruchtung übernimmt die staatliche schwedische Krankenversicherung. Bis zu sechs Versuche werden durch das staatliche System finanziert. Ob es danach weitere Hilfen seitens des Staates geben wird, ist noch nicht endgültig geklärt. "Das wird vom ärztlichen Gutachten abhängen", sagt eine Sprecherin der Krankenkasse. Überhaupt weiß man noch nicht genau, wie sich die neue Gesetzeslage in der Praxis auswirken wird.
Nach Schätzungen der Gesundheitsbehörde dürften sich rund 2000 alleinstehende Frauen in diesem Jahr für eine künstliche Befruchtung entscheiden. Doch schon jetzt herrscht ein Mangel an Samenspendern. Das größte Problem: Die bestehenden Samenspenden dürfen für alleinstehende Frauen nicht verwendet werden, da der Spender entsprechend der altes Regelung sein Sperma nur für Paare freigegeben hat. Jetzt müssen also neue Spender gefunden werden, die die Benutzung auch für Single-Frauen genehmigen.
"Wir suchen händeringend nach Samenspendern", erklärte Margaretha Kitlinski vom Zentrum für Reproduktionsmedizin der Universitätsklinik in Malmö im schwedischen Radiosender SR. Selbst in Einkaufszentren und auf Märkten würde ihre Mitarbeiter derzeit für Samenspenden werben.
Wer dafür infrage kommt, entscheidet der Arzt. In Schweden darf die Samenspende nur für maximal sechs Paare oder ab dem 1. April Frauen verwendet werden. Damit wird der Bedarf an geeigneten Samenspendern weiter wachsen. Ein Problem, so fürchtet Gunilla Sydsjö vom Universitätskrankenhaus Linköping, könnte das in Schweden verbriefte Recht des Kindes sein, bei Volljährigkeit den Namen des Vaters zu erfahren. "Viele Spender befürchten deshalb spätere Verpflichtungen", sagt sie, obwohl das der Gesetzgeber ausgeschlossen hat. Weitere Aufklärungsarbeit ist also erforderlich.
"Ich war beides, Papa und Mama"
In der breiten Öffentlichkeit wird das neue Gesetz bislang nur wenig diskutiert. Allerdings erschienen diese Woche mehrere Zeitungsartikel zum Thema, und am Mittwoch gab es auch eine Diskussionssendung im schwedischen Rundfunk. Auch hier wurde hauptsächlich über die Frage gestritten, ob das Kind ein Recht auf Vater und Mutter hat. Wie in vielen anderen Ländern ist die Gesellschaft in der Frage gespalten. Da aber schon seit Langem auch gleichgeschlechtliche Paare Kinder haben dürfen, hat der Gesetzgeber in Schweden die Antwort bereits gefunden.
Karin Persson hat ihren Entschluss nie bereut. "Ich war beides, Papa und Mama", erzählte sie "Svenska Dagbladet" und erinnert sich an schwierige Zeiten, in denen sie sich neben ihrem Job um alles kümmern musste, was bei zwei heranwachsenden Jungen so anfällt, inklusive Elternabende, Sportveranstaltungen und Konzertbesuche. "Ich habe mir aber immer gesagt, dass ich kein Recht zu Klagen habe, schließlich wollte ich es so."
Ihr Sohn Jens, der beim Interview anwesend ist, erklärt freimütig, dass er seinen biologischen Vater aufgesucht hätte, wenn das möglich gewesen wäre. Doch in Dänemark wird dem Samenspender Anonymität zugesichert. "Deshalb geht es nicht", erklärt Jens und fügt hinzu: "Und das ist auch gut so."
Quelle : welt.de
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