US-Händler verklagt Volkswagen

  07 April 2016    Gelesen: 1203
US-Händler verklagt Volkswagen
Wendet sich in der "Dieselgate"-Affäre der eigene Vertrieb gegen Volkswagen? In den USA zieht ein Autohändler gegen VW vor Gericht. Branchenkenner fürchten: Ein Aufstand der US-Händler wäre fatal für das Wolfsburger Krisenmanagement.
Im Skandal um manipulierte Abgaswerte steht Volkswagen der erste Rechtsstreit mit einem Händler aus dem eigenen US-Vertragsnetz ins Haus. Der Besitzer dreier Autohäuser reichte bei einem Gericht im US-Bundesstaat Illinois Klage wegen Betrugs gegen den deutschen Hersteller ein, wie die zuständige Anwaltskanzlei Hagens Berman mitteilte.

Der Vertriebspartner fühle sich durch den Abgas-Schwindel systematisch getäuscht, heißt es. Mit dem Schritt will die Kanzlei die Weichen für eine Sammelklage stellen, der sich weitere Händler anschließen könnten. Eine Volkswagen-Sprecherin lehnte einen Kommentar dazu ab.

Der Verband der US-Vertragshändler distanzierte sich von der Klage. Bei dem Besitzer dreier Autohäuser, der die Klage eingereicht hat, handele es sich um einen "Sonderfall", erklärte Alan Brown, der Vorsitzende des US-Händlerverbands. Der weit überwiegende Teil des US-Vertriebs verstehe, dass es entscheidend sei, die Auseinandersetzung mit VW vereint zu klären.

Gerichtlich vorzugehen, könne zwar ein paar Schlagzeilen bringen, sei aber ein deutlich längerer und teurerer Weg hin zu einer Lösung. "Wir wollen ein gutes Arbeitsverhältnis mit unseren Geschäftspartnern beibehalten", so Brown. Die etwa 650 US-Händler von VW fordern als Kompensation für ihre Nachteile durch den Abgas-Skandal ein klares Bekenntnis zum US-Markt und finanzielle Unterstützung des Konzerns.

"Händler sich selbst überlassen"

Mit der Installation von illegalen Betrugs-Programmen zur Abgas-Manipulation habe Volkswagen Vertragshändler gezielt betrogen und in illegale Praktiken verwickelt, heißt es dagegen in der Klage. "VW hat Informationen über das `Dieselgate`-Fiasko zurückgehalten und die Händler sich selbst überlassen, als der Skandal ausbrach", teilte Anwalt Steve Berman mit. Sollte sich der Vertrieb auf breiterer Front gegen den Konzern wenden, wäre das für die ohnehin schwierige Zukunft in den USA hochbrisant. Die Händler sind der Schlüssel zur Kundschaft.

Der Frust im Vertragsnetz ist offenbar groß. Nach Informationen des Fachblatts "Automotive News" hält bereits eine weitere Kanzlei eine bereits vorbereitete Klage in der Schublade. Anfangs hatten sich die Autohäuser noch loyal gegenüber VW gezeigt. Doch der Unmut nahm im März mit dem Rücktritt des beim Vertrieb hochgeschätzten US-Chefs Michael Horn zu.

Inzwischen fordern Händler immer offener handfeste Entschädigungen. VW-Markenchef Herbert Diess hatte am vergangenen Wochenende bei einem Treffen in Las Vegas versucht, die Händler milde zu stimmen. Wie die künftige VW-Strategie auf dem US-Markt konkret aussehen wird, blieb jedoch weitgehend offen.

Der Schlüssel zum Kunden

Die Autoverkäufer leiden erheblich unter dem Diesel-Skandal. Die Affäre hat das Vertrauen in VW erschüttert. Das scheint sich mittlerweile auch bei den Verkaufszahlen bemerkbar zu machen. Die Vertragshändler hätten zusammen "Hunderte Millionen Dollar" in die Marke VW investiert, heißt es in der Klageschrift. "Doch nun ist der Markenwert verfallen, die Diesel-Verkäufe wurden komplett gestoppt und der Absatz von VW-Wagen ist abgestürzt."

Der Konzern habe monatelang über verschiedene Krisenpläne gesprochen, aber letztlich nichts unternommen, kritisiert Ed Napleton, der klagende Vertragshändler, dessen Familie nach eigenen Angaben insgesamt mehr als 50 Autohäuser in fünf US-Bundesstaaten betreibt. Der Umgang mit den Krisenplänen sei sehr entmutigend gewesen und habe ihn zu der Klage bewegt.

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