Wie Russlands Krieg die Olympische Spiele bedroht

  10 Februar 2023    Gelesen: 335
  Wie Russlands Krieg die Olympische Spiele bedroht

Die Debatte über die mögliche Rückkehr russischer und belarussischer Sportler entzweit den Sport. Eine Frage lautet: Sind unter neutraler Flagge startende Athleten Teil des Systems, das Krieg über die Welt brachte? Eine andere: Sind Boykott-Drohungen der Ukraine legitim? Antworten gibt es keine.

Ein Zufall wird es kaum gewesen sein, dass ein fünfseitiger Brief mit dem Absender Thomas Bach am Donnerstag an gleich mehrere Redaktionen weitergegeben wurde. Der IOC-Präsident kritisiert darin die Boykottdrohungen des Olympischen Komitees der Ukraine in scharfen Worten. Dieses Verhalten verstoße "gegen die Grundlagen und Prinzipien der Olympischen Bewegung", schreibt Bach an die Adresse des ukrainischen NOK-Präsidenten Wadym Hutzajt.

Bachs Haltung zu den immer schärfer werdenden Tönen aus der Ukraine ist zwar ebenso bekannt wie die Meinung Kiews zum Vorstoß des Internationalen Olympischen Komitees, über eine Wiedereingliederung von Sportlern aus Russland und Belarus nachzudenken - wenn auch unter strikter Neutralität. Das Timing, mit dem der Inhalt dieses bereits am 31. Januar verfassten Briefes verbreitet wurde, konnte aus ukrainischer Sicht dennoch nicht besser sein.

Nur einen Tag später nämlich berieten sich unter britischer Federführung Politiker aus 30 Ländern, darunter Deutschland. Ziel des Sportgipfels am Freitag: Eine gemeinsame Haltung zum IOC-Vorstoß herauszuarbeiten, welcher bei den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris Wettkämpfe zwischen ukrainischen Aktiven und sogenannten "Neutralen" aus den Angriffsparteien Russland und Belarus ermöglichen könnte.

Paris droht mit Ausschluss russischer Sportler

Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj war laut britischen Medienberichten per Video zugeschaltet und erneuerte seine Haltung, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vor knapp einem Jahr unter keinen Bedingungen Sportler aus dem Riesenreich international starten zu lassen. Die weiteren teilnehmenden Politiker dürften seiner Haltung folgen.

Schließlich bildeten sich in den vergangenen Wochen und Monaten zwei Lager. Die größere Fraktion weiß das IOC hinter sich, das sich auf die einende Aufgabe des Sports beruft. Zum Kreis der Unterstützer zählen zahlreiche Nationale Olympische Komitees, internationale Fachverbände sowie nicht zuletzt zwei von der Ringe-Organisation wiederholt angeführte Expertinnen der Vereinten Nationen. Die Gegenseite rekrutiert sich vor allem aus Regierungsvertretern mehrheitlich europäischer Nationen, Athletenorganisationen und westlichen sowie baltischen und natürlich ukrainischen Einzelsportlern.

"Dass das IOC russischen Sportlerinnen und Sportlern offenbar wieder die Tür öffnet und die Teilnahme an den Olympischen Spielen ermöglichen will, ist der völlig falsche Weg", hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser Ende Januar der FAZ gesagt. Die SPD-Politikerin ergänzte: "Der Sport sollte in seiner Verurteilung des brutalen Krieges, den Wladimir Putin gegen die ukrainische Zivilbevölkerung führt, klar sein. Große Sportereignisse finden nicht im luftleeren Raum statt."

Anne Hidalgo, immerhin Bürgermeisterin der nächsten Olympiastadt Paris, bekräftigte erst am Donnerstag ihre Ablehnung einer Olympia-Teilnahme russischer und belarussischer Athleten. "Solange die russischen Streitkräfte Sie weiterhin bombardieren und Ihr Territorium besetzen, möchte ich nicht, dass russische Athleten an Sportveranstaltungen teilnehmen", sagte die 63-Jährige bei einem Besuch der ukrainischen Hauptstadt Kiew an den Stadtrat gerichtet. Bach beteuerte in seinem Brief an das ukrainische NOK zwar, die Teilnahme russischer und belarussischer Athleten sei "noch nicht einmal konkret diskutiert worden". Dennoch: Die Ukrainer sind mit ihren Boykottdrohungen längst nicht mehr allein.

Quelle: ntv.de, sue/sid


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