Forscher erzeugen Energie mit feuchter Luft

  24 Mai 2023    Gelesen: 651
  Forscher erzeugen Energie mit feuchter Luft

Tag für Tag grübeln Wissenschaftler, wo sich überall alternative Energiequellen finden lassen. Eine Antwort schwirrt vor ihrer Nase. Die Rede ist von Luftfeuchtigkeit. Eine Studie zeigt, dass sich aus ihr elektrischer Strom gewinnen lässt.

Wissenschaftler haben einen Mechanismus entdeckt, mit dem sich permanent kleine Mengen elektrischen Stroms aus Luftfeuchtigkeit gewinnen lassen. Dies sei mit vielerlei Materialien möglich, solange sie Poren im Bereich von weniger als 100 Nanometern (Millionstel Millimetern) aufwiesen, schreibt eine Gruppe um Jun Yao von der University of Massachusetts in Amherst im Fachjournal "Advanced Materials". Dann nämlich entstehe eine Spannung zwischen jenem Teil des Materials, das der Luftfeuchtigkeit ausgesetzt ist, und dem übrigen Bereich.

Die Forscher vergleichen das Prinzip der Stromgewinnung mit Wassertropfen in einer Gewitterwolke: "Jedes dieser Tröpfchen enthält eine Ladung, und wenn die Bedingungen stimmen, kann die Wolke einen Blitz erzeugen", wird Hauptautor Jun Yao in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Grund dafür ist demnach, dass Wasser eine polare Flüssigkeit ist und Schwerpunkte elektrischer Ladungen bildet. Dadurch ist das einzelne Wassermolekül nicht elektrisch neutral.

Yaos Team hatte bereits vor einigen Jahren Protein-Nanofasern, die das Bakterium Geobacter sulfurreducens produziert hatte, zur Erzeugung von Elektrizität aus Luftfeuchtigkeit genutzt. Weil die Herstellung der Nanofasern jedoch sehr aufwendig ist, untersuchten sie, ob diese Art der Energiegewinnung auch mit anderen Materialien möglich ist. Sie fanden heraus, was die entscheidende Bedingung für den Aufbau einer elektrischen Spannung war: Die Poren des Materials mussten kleiner sein als die mittlere freie Wegstrecke, die einem Wassermolekül in der Luft für die Eigenbewegung zur Verfügung steht, sie liegt bei etwa 100 Nanometern. Wenn die Poren kleiner sind, stoßen Wassermoleküle eher mit dem Porenmaterial zusammen als mit anderen Luftmolekülen.

Beim Zusammenstoß mit diesem Porenmaterial wirken Wassermoleküle wie eine negativ geladene Substanz, sodass sie in dem Material eine positive Ladung erzeugen. Die Wassermoleküle dringen jedoch nicht tief in die Poren ein, weshalb die Spannungserzeugung nur in der Nähe der Oberfläche der Porenschicht stattfindet. Dies bedeute, dass der obere Teil der Schicht mit viel mehr ladungstragenden Wassermolekülen bombardiert wird als der untere Teil. Dadurch entstehe ein Ladungsungleichgewicht, ähnlich dem in einer Wolke, da der obere Teil seine Ladung im Vergleich zum unteren Teil erhöht, erklären die Forscher. Dieses Ladungsgefälle könne zur Stromgewinnung genutzt werden.

Manche Materialien eignen sich besser als andere

Die Forscher untersuchten verschiedene Materialien auf ihre Fähigkeit, eine elektrische Spannung zu erzeugen, darunter Zellulose-Nanofasern, Seidenfaserproteine, Graphenoxid-Flocken und den Kunststoff Pedot. Die höchste Spannung erzeugte ein Biofilm von Geobacter sulfurreducens, nämlich 550 Nanovolt (Milliardstel Volt). Aus den Spannungen im Nanovoltbereich entsteht zwar kein großer Strom, aber die Wissenschaftler regen an, die Porenmaterialien übereinanderzustapeln. Die Energiedichte eines solchen Geräts schätzen sie auf ein Kilowatt pro Kubikmeter.

Das Besondere an den stromerzeugenden Porenmaterialien ist, dass die Luftfeuchtigkeit nicht "verbraucht" wird. Stattdessen ergibt sich in den Poren ein dynamisches Gleichgewicht: Im Durchschnitt stoßen immer ähnlich viele Wassermoleküle mit dem Material zusammen, aber es sind immer wieder andere Moleküle.

Die Energiegewinnung mit Nanoporenmaterialien sei jederzeit und überall auf der Erde möglich und nicht von Sonnenstrahlung oder Wind abhängig, betonen die Forscher. Sie nennen ihr Gerät "Air-gen", von "Air generator" (Luftgenerator). Es könnte an die jeweilige Höhe der Luftfeuchtigkeit angepasst werden. "Man könnte sich Energiegewinner vorstellen, die aus einem Material für Regenwaldumgebungen und einem anderen für trockenere Regionen hergestellt werden", sagt Yao.

Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa


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