Chinas Wirtschaft wird nach wie vor stark von Krediten getrieben

  15 April 2016    Gelesen: 770
Chinas Wirtschaft wird nach wie vor stark von Krediten getrieben
Chinas Wirtschaft ist im ersten Quartal so langsam gewachsen wie zuletzt in der Weltfinanzkrise. Der Staat macht nun mehr Schulden, um die Konjunktur zu stützen. Doch die wahren Probleme löst er nicht.
Die chinesische Wirtschaft ist in den ersten drei Monaten des Jahres so langsam gewachsen wie zuletzt 2009 während der globalen Finanzkrise. Das Bruttoinlandsprodukt legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur noch um 6,7 Prozent zu, wie das staatliche Statistikbüro am Freitag mitteilte.

Im Schlussquartal 2015 hatte das Wachstum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt noch 6,8 Prozent betragen. Im Gesamtjahr war die Wirtschaft um 6,9 Prozent gewachsen, so langsam wie seit 25 Jahren nicht mehr.

Für die kommenden Monate deuten die Wirtschaftsdaten auf eine Stabilisierung hin, da die Anlageinvestitionen, Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze unerwartet stark zulegten. Der Sprecher des Statistikamtes sprach von einem "guten Start" ins Jahr. Das Wachstum gewinne an Schwung.

Wie nachhaltig diese Entwicklung ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn Chinas Wirtschaft wird nach wie vor stark von Krediten getrieben. Besonders der Immobilienmarkt profitierte von der Ausweitung der Kreditvergabe, die allein im März um 188 Billionen Yuan oder umgerechnet 25 Milliarden Euro höher ausfiel als im Vorjahreszeitraum.

Mit Beginn des neuen Fünf-Jahres-Plans fließt nach Schilderung von Experten mehr Geld in den Markt, doch blieben die langfristigen Probleme weiter ungelöst. Die nächsten Monate dürften eine Wohlfühlphase erzeugen, doch die strukturellen Probleme blieben bestehen, sagte der Präsident der Europäischen Handelskammer, Jörg Wuttke. "Es ist keine Wende, sondern nur ein vorübergehendes Luftholen."

Das wirtschaftspolitische Vorgehen zeige, "wie Chinas Führer den wahren Zustand der chinesischen Wirtschaft einschätzen", sagte Christopher Balding von der HSBC Business School in Shenzhen. "Es gibt ernste Sorgen, dass das Wachstum weiter fallen könnte, wenn es nicht maßgeblich unterstützt wird."

Chinas Regierung versucht seit Jahren, das Wachstum stärker auf die Binnenkonjunktur auszurichten und den privaten Konsum anzukurbeln. Doch dabei gibt es Schwierigkeiten. Insbesondere der Industriesektor weist Überkapazitäten auf - die sich nur schwer beseitigen lassen. Denn der Umbau der Wirtschaft soll nicht auf Kosten der Arbeitsplätze gehen, da die Regierung ansonsten mit Unruhen in dem Land mit einer Milliardenbevölkerung rechnen müsste. Auch die wachsende Schuldenlast, Überkapazitäten, mangelnde Nachfrage und ein hyperaktiver Finanzsektor belasten die Konjunktur.

Schon jetzt gibt es zudem Zweifel, ob die Regierung sich das BIP nicht vielleicht schönrechnet. "Natürlich sind die Zahlen nicht korrekt", meint auch der Pekinger Ökonomie-Professor Wang Fuzhong. Statt bei 6,9 Prozent habe das Wachstum im vergangenen Jahr eher bei 5 Prozent gelegen - eine Größenordnung, die auch andere Analysten nennen.

Der Pekinger Ökonom Hu Xingdou erzählt die Geschichte eines befreundeten Fabrikbesitzers. 2015 habe er Verkäufe im Wert von 60 Millionen Yuan gemeldet. "Die Behörden gaben an das Statistikbüro jedoch einen Wert von 620 Millionen Yuan weiter." Ein Teil des Problems liege also bei den Lokalregierungen, die gefälschte Zahlen an Peking weitergeben, um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken.

Tags:  


Newsticker