Machen Neandertaler-Gene zum Frühaufsteher?

  15 Dezember 2023    Gelesen: 845
  Machen Neandertaler-Gene zum Frühaufsteher?

Jeder Mensch besitzt eine innere Uhr, durch die Schlaf- und Wachphasen gesteuert werden. Frühaufsteher könnten ihre Eigenschaft von besonderen Urzeitmenschen vererbt bekommen haben, wie ein Forschungsteam jetzt feststellt.

Wer gern früh aufsteht und früh ins Bett geht, hat in seinem Erbgut möglicherweise Gene, die ursprünglich vom Neandertaler stammen. Das hat ein Forschungsteam um John Capra, Epidemiologe an der University of California in San Francisco, herausgefunden. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten zirkadianen Rhythmus, also der Fähigkeit eines Organismus, sämtliche Abläufe auf die Tageslänge von 24 Stunden zu synchronisieren.

Insgesamt wurden 246 Gene, die im Zusammenhang mit der inneren Uhr von Menschen stehen, genauer unter die Lupe genommen. Zudem wurde die DNA von Neandertalern herangezogen und mit den Erbinformationen moderner Menschen verglichen. "Bei der Analyse der Teile der Neandertaler-DNA, die in den Genomen moderner Menschen verblieben sind, haben wir einen auffälligen Trend entdeckt", wird John Capra, Epidemiologe an der University of California in San Francisco von "The Guardian" zitiert.

Um die ersten Ergebnisse zu überprüfen, griffen die Forschenden auf Daten der UK Biobank zurück, die über genetische, Gesundheits- und Lebensstilinformationen von einer halben Million Menschen verfügt. Da sich die Vorfahren des modernen Menschen mit Neandertalern paarten, sei es möglich, dass einige heute lebende Menschen die Neandertaler-Variante in sich tragen, argumentierten die Wissenschaftler, deren Ergebnisse im Fachmagazin "Genome Biology and Evolution" veröffentlicht wurden.

Innere Uhr und Anpassung an Tageslicht

Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass die meisten Menschen, die die vom Neandertaler stammenden Genvarianten in sich trugen, auch zum Chronotyp des Frühaufstehers gezählt werden können. Für das Forschungsteam ist denkbar, dass diese Gene von Vorteil waren, weil sich die Neandertaler auf diese Weise besser an das Leben in hohen Breiten mit saisonal wechselnder Länge von Tageszeiten anpassen konnten. Denkbar ist auch, dass diese Gene als evolutionärer Vorteil bis heute weitergegeben worden sind. Die Forschenden gehen jedoch nicht davon aus, dass es zu Zeiten der Neandertaler wirklich ein Vorteil war, ein Morgenmensch zu sein. "Wir glauben vielmehr, dass dies ein Signal dafür ist, dass die innere Uhr schneller läuft und sich die Menschen damals besser an saisonale Schwankungen des Lichtniveaus anpassen kann", sagte Capra.

Moderne Menschen tragen bis zu vier Prozent der Neandertaler-DNA in sich. Dazu gehören Gene, die mit der Hautpigmentierung, der Haare und dem Immunsystem in Verbindung stehen. Der Grund: Vor rund 70.000 Jahren wanderten Gruppen des direkten Vorfahren des Menschen, des Homo sapiens, von Afrika in Richtung Eurasien. Dort trafen sie auf die Neandertaler, die das Gebiet bereits Hunderttausende Jahre zuvor besiedelt und dementsprechend sich an das kältere Klima angepasst hatten.

Auch wenn die Daten der aktuellen Studie starke Hinweise liefern, hängt es nicht allein von Neandertaler-Genen ab, ob jemand ein Morgenmensch ist oder nicht. Eine Reihe anderer Faktoren, wie Umwelt- und kulturelle Einflüsse, aber auch andere Gene sind an der Steuerung des Schlaf-Wachs-Rhythmus des modernen Menschen beteiligt. Für Neandertaler jedoch war es vor Tausenden von Jahren sicher von Vorteil, mit der Nahrungssuche zu beginnen, sobald es hell genug dafür war.

Quelle: ntv.de, jaz


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