Gab es doch einen Mini-T-Rex?

  08 Januar 2024    Gelesen: 652
  Gab es doch einen Mini-T-Rex?

Seit Jahrzehnten streiten sich Paläontologen darum, ob es eine Miniatur-Art des Tyrannosaurus rex gab. Zuletzt schien klar: Die gefundenen Fossilien gehörten einem jugendlichen T-Rex. Jetzt behauptet eine neue Studie jedoch: Die Knochen seien ein eindeutiges Zeugnis einer zwergenhaften Tyrannosaurier-Art.

Fossilien, die bisher als jugendliche Tyrannosaurus rex angesehen wurden, sollen nun doch zu erwachsenen Exemplaren einer anderen Art von Raubsauriern gehören. Der Nanotyrannus, der vor 66 Millionen Jahren lebte, sei leichter und schneller als der berühmte T-Rex gewesen und habe längere Arme gehabt, so das Ergebnis einer aktuellen Studie.

Lange Zeit stellten ein Saurierschädel, der 1942 im US-Bundesstaat Montana gefunden wurde, sowie weitere Fossilien in den Folgejahren die Paläontologie vor Rätsel: Stammten die Knochen von noch nicht ausgewachsenen Vertretern des Tyrannosaurus rex? Oder stellten sie vielmehr Zeugnisse einer eigenen zwergenhaften Tyrannosaurier-Art dar, welche 1988 als "Nanotyrannus lancensis" neu klassifiziert wurde?

Über Jahrzehnte wurden Argumente für beide Möglichkeiten vorgebracht, sowohl in wissenschaftlichen Studien als auch in humoristischen Internet-Memes. Zuletzt schien eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie im Fachblatt "Science Advances" die Frage zu klären und bestätigte, dass es sich um Überreste von jugendlichen T. rex handelt. Die Studie basierte auf einer detaillierten Analyse von Querschnitten der Beinknochen und den darin erkennbaren Wachstumsringen.

"Junger T-Rex müsste wie verrückt wachsen"

Nun behauptet jedoch eine neue Studie, die im Fachjournal "Fossil Studies" veröffentlicht wurde, dass die Knochen tatsächlich zu einer Mini-Tyrannosaurier-Art gehören. Die Wissenschaftler Nick Longrich von der britischen University of Bath und Evan Saitta von der US-amerikanischen University of Chicago haben die umstrittenen Fossilien noch mal analysiert und dabei die bereits in der Studie von 2020 beschriebenen Wachstumsringe erneut untersucht.

Eben jene Wachstumsringe würden sich zur Außenseite des Knochens immer mehr verdichten, das Wachstum verlangsamte sich, so die Wissenschaftler. Dies deute darauf hin, dass diese Tiere fast ausgewachsen waren und keine schnell wachsenden Jungtiere. "Wenn es sich um junge T-Rex handeln würde, müssten sie wie verrückt wachsen und Hunderte von Kilogramm pro Jahr zulegen, aber das ist nicht der Fall", erklärt Longrich in einer Mitteilung.

Die Forscher haben auch Modelle erstellt, die zeigen, dass die Tiere ein maximales Gewicht von etwa 900 bis 1500 Kilogramm und eine Körperlänge von fünf Metern erreicht hätten. Im Vergleich dazu wog der riesige T-Rex bis zu 8000 Kilogramm und hatte eine Körperlänge von neun Metern oder mehr.

Unverwechselbare Merkmale

Darüber hinaus deuteten die Wachstumsmuster in den Fossilien nicht darauf hin, dass es sich um junge T-Rex handelt. "Genauso wie Kätzchen wie Katzen und Welpen wie Hunde aussehen, sind auch die Jungtiere verschiedener Tyrannosaurier unverwechselbar. Und Nanotyrannus sieht einfach überhaupt nicht wie ein T-Rex aus", so Logrich.

In ihrer Studie beschreiben er und Saitta zudem das Fragment eines weiteren Fossils, das bis vor kurzem vergessen in einem Museum in San Francisco aufbewahrt wurde und das die beiden als tatsächlichen Überrest eines jungen T-Rex identifizierten. Dieser junge T-Rex werde durch einen Schädelknochen - das Stirnbein - repräsentiert, der charakteristische Merkmale aufweise, die ihn mit Tyrannosaurus verbinden.

Eben jene Merkmale seien aber bei Nanotyrannus nicht zu finden. Der Knochen stamme von einem kleinen Tier mit einem Schädel von etwa 45 Zentimeter Länge und einer Körperlänge von etwa fünf Metern. "Es ist nur ein Exemplar und nur ein Knochen, aber es braucht nur einen", erklärt Longrich dazu. "Die Schädelknochen von T-Rex sind sehr markant, nichts anderes sieht so aus. Junge T-Rex gibt es, sie sind nur unglaublich selten wie die Jungtiere der meisten Dinosaurier."

"Gibt vieles, was wir nicht wissen"

Der Vergleich der Fossilien lege nahe, dass Nanotyrannus leichter und langgliedriger war als ein T-Rex und längere Arme hatte. "Selbst der größte T-Rex hat kürzere Arme und kleinere Krallen als dieser kleine Nanotyrannus. Das war ein Tier, bei dem die Arme tatsächlich ziemlich beeindruckende Waffen waren. Es ist einfach ein ganz anderes Tier - klein, schnell, wendig", fasst Longrich zusammen. Die langen Arme und andere Merkmale ließen vermuten, dass Nanotyrannus nur entfernt mit T-Rex verwandt war - und möglicherweise außerhalb der Familie Tyrannosauridae, zu der T-Rex gehört, in einer eigenen Familie von Raubsauriern lebte.

Ob diese Studie die endgültige Antwort auf die Frage liefert, von welchem Saurier die strittigen Knochen stammen, bleibt zweifelhaft. Die Arbeit selbst schließt: "Es ist bemerkenswert, dass die Systematik eines so berühmten, so bekannten und so intensiv erforschten Tieres wie Tyrannosaurus so unvollständig verstanden und umstritten geblieben ist. Dies unterstreicht, wie wenig wir wirklich über die frühere Vielfalt wissen. Wenn wir T-Rex noch immer nicht verstehen, was verstehen wir dann noch nicht? Es gibt vieles, was wir über das Leben in der Vergangenheit nicht wissen und vielleicht nie wissen werden."

Quelle: ntv.de, Alice Lanzke, dpa


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