China gegen alle - und sich selbst

  19 April 2016    Gelesen: 610
China gegen alle - und sich selbst
Stahlkonzerne in Europa fühlen sich durch Dumpingpreise aus China bedroht. Doch die Konkurrenz in Fernost handelt nicht aus einer Position der Stärke heraus. Das könnte eine Chance sein.
Europas Stahlunternehmen werfen China vor, sie mit Kampfpreisen zu attackieren. Vereint fordern Stahlarbeiter und ihre Bosse deshalb höhere Schutzzölle der EU. Aber nicht nur in Europa, auch in China gehen Stahlarbeiter auf die Straße, weil Löhne gekürzt oder überhaupt nicht mehr gezahlt werden. Hunderttausende Arbeiter sollen ihre Jobs verlieren. Die wichtigsten Frage und Antworten zum globalen Stahlkonflikt:

Wie lauten die Vorwürfe gegen Chinas Stahlindustrie?

Stahlunternehmen weltweit werfen China vor, den Markt mit billigem Stahl zu fluten und ihnen damit die Geschäftsgrundlage zu entziehen. In Europa hat das zu einer ungewöhnlichen Koalitionen geführt: Stahlbosse und Stahlarbeiter protestieren Seite an Seite gegen die Billigimporte. Die Industrie wirft China vor, ihren Stahl deutlich unter Marktpreis anzubieten. Die EU hat deshalb mit ersten Strafzöllen reagiert.

Warum verkauft China Stahl ins Ausland?

China stellte im vergangenen Jahr etwa die Hälfte des weltweit produzierten Stahls her. Doch weil im eigenen Land wegen der schwächelnden Wirtschaft deutlich weniger gebaut wird, bleiben chinesischen Produzenten auf ihrem Stahl sitzen. Wie viele andere Industriezweige in China werden auch in der Stahlindustrie des Landes deutlich mehr Fabriken betrieben und Arbeiter beschäftigt, als eigentlich gebraucht werden.

Mit Exporten ins Ausland versuchen die Unternehmen ihre Probleme zu lindern. Allein 2015 stiegen chinesische Stahlexporte um 22 Prozent auf rund 100 Millionen Tonnen.

Wie geht es den chinesischen Stahlunternehmen?

Die Kampfpreise sind nicht etwa ein Zeichen für Stärke. Die chinesischen Hersteller stehen selbst unter Druck. Baosteel, einer der größten Hersteller des Landes, schockierte zuletzt mit einem Gewinneinbruch um rund 80 Prozent. Viele große Stahlkonzerne schreiben schon seit Jahren rote Zahlen und können nur mit Krediten der Staatsbanken überleben.

Arbeiter protestieren gegen reduzierte oder nicht gezahlte Löhne. Laut einer Studie der Europäischen Handelskammer sind die Überkapazitäten der Branche zwischen 2008 und 2014 von 132 Millionen auf 327 Millionen Tonnen Stahl gestiegen.

Wie reagiert Chinas Regierung auf die Probleme?

In Peking setzt sich der Gedanke durch, dass es so nicht weiter gehen kann. Auch, weil die im internationalen Vergleich rückständigen chinesischen Stahlkocher zu viel Energie und Eisenerz verbrauchen und damit Chinas Pläne zum Umweltschutz gefährden. China hatte im Februar angekündigt rund 1,8 Millionen Jobs in der Stahl- und Kohleindustrie abbauen zu wollen.

Zur Unterstützung der entlassenen Arbeiter sollen 14 Milliarden Euro bereitstellt und Umschulungsprogramme ins Leben gerufen werden. Trotzdem geht Peking bei der Umsetzung des überfälligen Abbaus von Überkapazitäten noch immer zögerlich vor.

Die Angst, dass es durch Massenentlassung zu Unruhen kommen könnte, ist groß. Viele Stahlwerke werden zwar geschlossen. Trotzdem wird noch immer weniger Stahl nachgefragt werden, als die Kapazitäten hergeben.

Wie steht China zu den die Schutzzöllen?

Peking hat scharf auf die Schutzzölle der EU reagiert und sie als illegal bezeichnet. Laut der chinesischen Stahl-Vereinigung sei nicht China allein das Problem. Die Branche Kämpfe vielmehr international mit Überkapazitäten. Gezielt gegen China vorzugehen sei deshalb unfair. Analysten gehen davon aus, dass Peking mit Beschränkungen und Sanktionen in anderen Wirtschaftszweigen reagieren könnte, wenn die Zölle bestehen bleiben oder sogar verschärft werden.

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