Studie zeigt, wie Virusinfektionen das Gehirn schädigen

  06 Februar 2024    Gelesen: 261
  Studie zeigt, wie Virusinfektionen das Gehirn schädigen

Kanadische Forschende finden heraus, auf welche Weise die Immunantwort bei Virusinfektionen wie Covid-19 zu neurologischen Schäden führt. Die Entdeckung öffnet die Tür für neue Behandlungsmethoden, möglicherweise auch bei Long Covid.

Nicht nur Covid-19, auch andere Viruserkrankungen schädigen Nerven und Gehirn. Die Erkrankungen können wie bei Long Covid zu schweren Langzeitproblemen oder im Extremfall auch zum Tod führen. Bisher war die vorherrschende Erklärung für die Neuropathologie eine hohe Viruslast.

Kanadische Forschende haben jetzt aber in einer begutachteten Studie festgestellt, dass wahrscheinlich nicht die akute Infektion, sondern die Antwort des Immunsystems die Schäden hervorruft.

Viruslast kann es nicht sein

Hinweise, dass die neurologischen Schäden nicht direkt durch die Erreger verursacht werden, gibt es genug. Etwa zeigten einige Viren wie bei Ebola-, Dengue- und Maserninfektionen kaum oder gar keine Infektion des Zentralnervensystems (ZNS), schreibt das Team der kanadischen McMaster University. Die Viruslast könne hier das Ausmaß der neurologischen Schädigung nicht erklären. Als weiteres Beispiel nennen sie das Epstein-Barr-Virus (EBV), das kürzlich als ursächlicher Erreger für die Entstehung von Multipler Sklerose (MS) identifiziert wurde. Allerdings weise nur ein kleiner Teil der Patienten eine EBV-Infektion im ZNS auf.

"Uns ging es darum, zu verstehen, warum so viele Virusinfektionen mit neurologischen Erkrankungen verbunden sind", zitiert die Pressemitteilung der McMaster University Studienleiterin Elizabeth Balint. "Unsere Beweise deuten darauf hin, dass es nicht das Virus selbst ist, das den Schaden verursacht, sondern eine einzigartige Population von T-Zellen, die Teil des Immunsystems sind."

Forschung mit Zika-Viren

Um das herauszufinden, konzentrierte sich das McMaster-Team auf das Zika-Virus (ZIKV). Es wird hauptsächlich über Mücken übertragen. Infektionen sind aber auch durch Sexualkontakt und Transfusionen möglich und Schwangere können das Virus über das Blut auf den Fötus übertragen.

Eine ZIKV-Infektion verläuft häufig asymptomatisch oder wird von milden Symptomen, insbesondere leichtem Fieber, Hautausschlägen, Muskel- und Gelenkschmerzen oder Bindehautentzündung begleitet. Bei Ausbrüchen in Brasilien und Französisch-Polynesien wurde jedoch eine Häufung schwerer neurologischer Erkrankungen wie ein stark verkleinerter Kopf (Mikrozephalie) bei Neugeborenen und bei Erwachsenen die Autoimmunerkrankung Guillain-Barré-Syndrom (GBS) beobachtet.

Aggressive T-Zellen

Bei Labortests fanden die Forschenden erwartungsgemäß T-Zellen, die spezifisch für Zika und darauf ausgelegt waren, infizierte Zellen zu eliminieren. "Aber wir haben auch Zellen identifiziert, die nicht wie normale T-Zellen funktionierten und viele Zellen töteten, die nicht mit Zika infiziert waren."

Die aggressive Reaktion dieser (NKG2D)+CD8+) T-Zellen entstehe dadurch, dass der Körper große Mengen an Entzündungsproteinen, sogenannten Zytokinen, produziere, so die Pressemitteilung. Sie trugen dazu bei, die Reaktion des Körpers im Kampf gegen eine Infektion oder Verletzung zu koordinieren, indem sie den Immunzellen mitteilten, wo und auf welche Art und Weise sie eingreifen sollten.

"Wenn die Immunzellen unseres Körpers überreagieren und entzündliche Zytokine produzieren, führt dieser Zustand zu einer unspezifischen Aktivierung unserer Immunzellen, was wiederum zu Kollateralschäden führt", sagt Ali Ashkar, der zusammen mit Elizabeth Balint die Studie leitete. "Dies kann schwerwiegende Folgen haben, wenn es im Gehirn geschieht."

Behandlungsmethode in Arbeit

Die Entdeckung eröffnet neue Möglichkeiten zur Behandlung neurologischer Erkrankungen nach einer Virusinfektion. Balint arbeitet bereits an einer Methode.

"Elizabeth hat mit einem Antikörper experimentiert, der die verheerende Neurotoxizität im Tiermodell vollständig blockieren und behandeln kann", erklärt Ashkar. Er befinde sich bereits in klinischen Studien für verschiedene Anwendungen beim Menschen. "Es gibt noch ein paar andere Viren, die wir untersuchen möchten, um die besten Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln", sagt Balint.

Quelle: ntv.de, kwe


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