Sperrmüll ist nicht für alle da

  12 Oktober 2015    Gelesen: 620
Sperrmüll ist nicht für alle da
Wenn die einen abends alte Stühle, Lampen, Fernseher oder Kühlschränke auf den Gehweg wuchten, dann erwacht bei anderen der Jagd- und Sammeltrieb: Im Sperrmüll gibt es manchmal Brauchbares zu entdecken. Aber darf man sich da eigentlich frei bedienen, bis der Müllwagen kommt? Keineswegs - in vielen Fällen droht eine teure Abfuhr der Justiz.
Im Gesetz gibt es eine einfach klingende Regelung: Eine "herrenlose bewegliche Sache" darf jeder mitnehmen und wird dadurch zum Eigentümer (Paragraf 958 I BGB). Der eine oder andere Sperrmüll-Sammler hat davon vielleicht schon gehört und meint deshalb, er könne mitnehmen, was ihm gefällt. So einfach ist das aber nicht.

Das geht schon damit los, dass mancher Ex-Eigentümer gar nicht möchte, dass sein früherer Besitz in fremden Händen landet, etwa die Kiste mit den Hochzeitsfotos. In die Müllverbrennung soll das, sonst nirgendwo hin. In dem Fall eines Künstlers, der drei selbstgemalte Bilder vernichten wollte und zum Sperrmüll gestellt hatte, sah das Landgericht Ravensburg keine "Eigentumsaufgabe", sondern eine "Eigentumsübertragung" an die Müllabfuhr (Az.: 3 S 121/87). Die Folge: Die Bilder waren gar nicht herrenlos, der Sperrmüll-Sammler hatte Diebstahl begangen. Er musste die Gemälde wieder herausrücken - und die Prozesskosten zahlen.

Wenn sich regelmäßig Unrat oder Schrott im Treppenhaus, Hof oder in den Kellerfluren ansammelt, kann der Vermieter diesen beseitigen lassen. Darauf weist der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland hin. Entsorgt wird der Sperrmüll auf Kosten der Mieter.

Entscheidend hierfür ist aber, dass sich der Sperrmüll auf den Gemeinschaftsflächen des Gebäudes befindet und mehr oder weniger regelmäßig entsorgt werden muss. Dies gilt selbst dann, wenn Dritte dort ihren Unrat abstellen. Sollte der Sperrmüll jedoch einem konkreten Mieter zugeordnet werden können, muss dieser für die Entsorgung aufkommen.
Bei der Entsorgung des Sperrmülls muss der Vermieter jedoch darauf achten, dass keine Wertgegenstände mitgenommen werden. Für fälschlicherweise entsorgte Sachen kann der Mieter gegebenenfalls Schadenersatz geltend machen.

Ähnlich sieht das aus, wenn jemand zum Beispiel für eine karitative Organisation alte Sachen vor die Tür stellt, sei es einen Kleidersack oder Möbel. Dann handelt es sich ebenfalls um eine Eigentumsübereignung. Wer das wegnimmt, kann wegen Diebstahl bestraft werden. Das Gleiche gilt, wenn per örtlicher Abfallsatzung geregelt ist, dass der Sperrmüll auf der Straße automatisch der Gemeinde oder dem Entsorgungsbetrieb gehört. Schon das Durchwühlen von Sperrmüll ist vielerorts verboten und kann als Ordnungswidrigkeit bestraft werden.

Wer Sperrmüll vor die Tür stellt, muss wiederum aufpassen, dass es nicht zu Verwechslungen kommt - etwa mit gleichzeitig vor der Tür stehendem Umzugsgut. Müllentsorger sind generell nicht zu größeren Kontrollen verpflichtet. So lautete jedenfalls die Entscheidung des Landgerichts Bonn (Az.: 2 O 22/05). Ein Mann hatte auf 5700 Euro Schadenersatz geklagt, weil Müllleute nicht nur seinen Sperrmüll, sondern auch in einem Carport gelagerte wertvolle Möbel gleich mit entsorgt hatten. Selber schuld, hieß es: Er hätte Sperrmüll und wertvolle Sachen besser voneinander treffen müssen.

Ein anderes Sperrmüll-Ärgernis: Ein Nachbar bestellt für sich eine Abfuhr und innerhalb kurzer Zeit entdeckt der ganze Wohnblock, dass es im Keller noch Überflüssiges gibt. Der Haufen wächst und wächst. Kann dann der Sperrmüll-Anmelder mit einer Sondergebühr belangt werden, weil die Freimenge überschritten wird? Nein, meinte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Az.: 13 K 2592/08) - jedenfalls dann nicht, wenn der Sperrmüll auf einen öffentlichen Platz zu stellen war. Dann lasse sich eine Fremdnutzung nicht verhindern.

Sogar Arbeitsrichter mussten sich bereits mit dem Thema Sperrmüll beschäftigten: Weil der Mitarbeiter eines Entsorgungsbetriebes ein wertloses Kinderbett an sich genommen hatte, war er fristlos gekündigt worden. Wie zuvor das Arbeitsgericht erklärte das Landesarbeitsgericht Mannheim die Kündigung für unverhältnismäßig und damit unwirksam.

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