Darf eine Familie in einem Zimmer wohnen?

  23 April 2016    Gelesen: 381
Darf eine Familie in einem Zimmer wohnen?
Wohnraum ist teuer - besonders in Großstädten kann es zu einer wahren Odyssee werden, eine Wohnung zu finden. Eine Familie in München zieht kurzerhand in eine Einzimmerwohnung ein. Doch ist das überhaupt erlaubt? Das Amtsgericht urteilt nun in diesem Fall.
Eine vierköpfige Familie darf nicht in einem kleinen Ein-Zimmer-Appartement wohnen. Das hat das Amtsgericht München in einem veröffentlichten Urteil entschieden (Az. 415 C 3152/15).

Ein Mann hatte 2011 eine knapp 26 Quadratmeter große Ein-Zimmer-Wohnung mit Küchenzeile und Kellerabteil gemietet. Dort lebte er mit seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen Kindern, die 2010 und 2013 geboren wurden. Die Miete der Wohnung betrug inklusive Betriebskosten 350 Euro. Der Vertrag enthielt aber die Klausel, dass der Mieter "aufgrund der geringen Größe der Wohnung" nicht berechtigt sei, andere Personen als den Ehepartner bei sich wohnen zu lassen.

Die Hausverwaltung forderte den Mieter deswegen auf, bis November 2014 "die Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen zu reduzieren". Als er darauf nicht reagierte, gab es die Kündigung vom Vermieter - und schließlich eine Räumungsklage.

Faustregel: Zehn Quadratmeter pro Kopf

Das Amtsgericht München gab dem Vermieter recht, gewährte der Familie aber eine Räumungsfrist von fünf Monaten. Die Wohnung sei überbelegt, entschied das Gericht. Als Faustregel gelte, dass keine Überbelegung vorliegt, wenn auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils circa zwölf Quadratmeter entfällt oder durchschnittlich zehn Quadratmeter pro Person bei der Unterbringung von Familien gegeben sind. Diese Richtwerte seien im vorliegenden Fall jedoch weit überschritten worden, da auf eine Person gerade einmal rund vier Quadratmeter Wohnfläche kommen.

Grundsätzlich darf ein Mieter seine Kinder und Ehegatten in die Wohnung aufnehmen, selbst wenn es sich um eine Einzimmerwohnung handelt. Es darf nur nicht zu einer Überbelegung kommen. Im vorliegenden Fall sei es bereits dazu gekommen, als der Angeklagte mit seiner Frau und dem erstgeborenen Kind einzog. Durch das später geborene zweite Kind habe sich diese noch erhöht.

"Wir halten dieses Urteil für sehr fragwürdig", sagte eine Sprecherin des Münchner Mietervereins. "Für eine Kündigung des Vermieters wegen Überbelegung muss die Mietsache gefährdet sein. Wie eine solche Gefährdung wegen zwei kleiner Kinder aussehen soll, ist nicht nachvollziehbar." Der Fall zeige einmal mehr, wie groß die Wohnungsnot in München ist. "Mieter wohnen sicher nicht freiwillig mit zwei Kindern auf 25,88 Quadratmetern. Wenn die Familie eine bezahlbare Alternative gehabt hätte, wäre sie sicher gerne umgezogen."

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