Ist Europa im Fall eines Trump-Siegs noch sicher?
Trump hat den Europäern im Wahlkampf mit dem Ende des NATO-Beistandspakts gedroht, wenn sie nicht genug für Verteidigung ausgeben. Ohne die US-Atomwaffen und die rund 100.000 in Europa stationierten US-Soldaten hielten viele Europa für nicht ausreichend gesichert. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister, fordert deshalb, Europa "verteidigungsbereit" zu machen. "Nicht, weil die EU Krieg führen sollte, sondern im Gegenteil, um unsere potenziellen Angreifer abzuschrecken", sagte McAllister.
Wie soll das funktionieren?
Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen hat den Mitgliedsländern vorgeschlagen, deutlich mehr Rüstungsgüter gemeinsam zu beschaffen. Von zuletzt 18 Prozent soll die Quote bis 2035 auf 60 Prozent steigen. Zwar investiert die EU insgesamt dreimal so viel in Verteidigung wie Russland, doch sind viele Systeme nicht miteinander kombinierbar.
McAllister fordert zudem, im nächsten langfristigen EU-Haushalt ab 2028 für Verteidigung deutlich mehr Geld einzustellen. Bisher sind 1,5 Milliarden Euro vorgesehen. Die Grünen und viele Sozialdemokraten und Liberale im EU-Parlament befürworten einen durch Gemeinschaftsschulden finanzierten Milliardenfonds. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt dies jedoch ebenso ab wie die deutschen Unionsparteien und die FDP.
Wie sieht es mit den Ukraine-Hilfen aus?
Trump hat gedroht, die Militärhilfen für die Ukraine im Fall eines Wahlsiegs zu streichen. Auf Ebene der sieben großen Industrieländer (G7) ist deshalb ein Hilfspaket von 50 Milliarden US-Dollar in Vorbereitung. Es soll aus den Zinsen von eingefrorenem russischem Vermögen finanziert werden. Um die Hilfen "Trump-sicher" zu machen, wird über eine Art Verpflichtungsermächtigung diskutiert, die theoretisch auch den Republikaner binden würde.
Auf EU-Ebene blockiert derzeit die Trump-freundliche Regierung Ungarns 6,5 Milliarden Euro zur Unterstützung von Militärhilfen für Kiew. Die NATO hatte bei ihrem Gipfel in Washington Anfang Juli Hilfen von 40 Milliarden Euro beschlossen, die aber laut Kritikern wenig frisches Geld für Kiew beinhalten.
Was bedeutet Trump für die Handelspolitik?
Hart treffen könnte Trump Europa auch beim Außenhandel, denn er folgt dem Prinzip "America first" (Amerika zuerst). "Trump hat angedroht, einen protektionistischen Schutzwall um die USA zu errichten", erklärt der Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Hubertus Bardt. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte der Republikaner Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus dem Ausland verhängt sowie auf Käse, Wein oder Butter aus EU-Ländern.
Nach Ansicht Bardts muss die EU klare Gegenpositionen entwickeln, um auf solche Zolldrohungen reagieren zu können. Die EU und die USA sind gegenseitig die größten Handelspartner, mit einem Volumen von fast 870 Milliarden Euro im Jahr 2022.
Wie steht es um direkte Kontakte zu Trump?
Bisher hat nur der ungarische Regierungschef Viktor Orban direkte Kontakte. Er traf Trump Mitte Juli auf dessen Anwesen Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida und begründete dies mit der von ihm selbst so genannten "Friedensmission" im Ukraine-Krieg, die Orban zuvor nach Moskau geführt hatte. Alle EU-Partner bis auf die Slowakei kritisierten dies scharf.
Auch McAllister wirft Orban vor, die Interessen und Werte der EU zu untergraben. Er plädiert aber dafür, die Beziehungen zu den verschiedenen transatlantischen Akteuren zu institutionalisieren. Politiker aus Deutschland und anderen Mitgliedsländern pflegen bereits Kontakte zu den Republikanern im Kongress und teils auch zu Think-Tanks in Trumps Umfeld.
Inwieweit lässt sich bei Trump überhaupt planen?
Diplomaten der EU und der NATO verweisen auf die Unberechenbarkeit des früheren Präsidenten. Nicht wenige sehen ihn aber als "Deal-Maker" und hoffen, im Fall eines Wahlsiegs mit ihm politisch ins Geschäft zu kommen.
Quelle: ntv.de, chl/AFP
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