Die russischen Invasoren haben nach eigenen Angaben die ostukrainische Stadt Selydowe besetzt. Dies verkündete das russische Verteidigungsministerium in einer Mitteilung. Eine Bestätigung der Ukraine gibt es nicht. Selydowe befindet sich knapp 20 Kilometer vor dem wichtigen Logistikknotenpunkt Pokrowsk. Im Gebiet der Stadt befindet sich das letzte Kohlebergwerk unter ukrainischer Kontrolle.
Am Tag zuvor hatte ein hoher ukrainischer Militär massive Probleme an der Front im Westteil des Gebietes Donezk bestätigt und von einem Eindringen russischer Truppen in Selydowe berichtet. "Wir wissen alle, dass ich kein militärisches Geheimnis verrate, wenn ich sage, dass unsere Front bröckelt", sagte Generalmajor Dmytro Martschenko in einem Videointerview des Ex-Parlamentsabgeordneten Boryslaw Beresa. Seine Aussage lässt sich auch mit "Zusammenbruch" der Front übersetzen.
ntv-Reporter Rainer Munz sagte über die Situation im nicht weit entfernten und ebenfalls heftig umkämpften Kurachowe, die ukrainische Front halte. "Es wird gezielt zurückgenommen, diese Front ist nicht zusammengebrochen". Militärexperte Oberst Reisner sagte am Montag zu ntv.de: "Die Russen rücken langsam und stetig vor. Ich schätze, zwischen zweieinhalb und fünf Kilometern pro Tag. Das ist sehr viel. Südlich von Pokrowsk bildet sich bei Kurachowe gerade ein großer Kessel."
Die ukrainische Nachrichtenagentur Unian berichtete unter Berufung auf den Beobachter Oleksandr Kovalenko von der Gruppe Information Resistance, dass die russischen Invasoren mit der vollständigen Einnahme von Selydowe und Kurachowe die "endgültigen Bedingungen für eine Großoffensive" auf Pokrowsk schaffen würden.
Fehlende Waffen und Personal
Generalmajor Martschenko nannte mehrere Gründe für den russischen Vormarsch. "Erstens sind das fehlende Munition und Waffen, zweitens sind das fehlende Leute, es gibt keine Leute, keinen Ersatz, die Soldaten sind müde, sie können die Frontlinie nicht abdecken, an der sie sich befinden", klagte der Generalmajor. Zudem sei die Kommandoführung nicht optimal. Martschenko war zu Kriegsbeginn mit der erfolgreichen Verteidigung der südukrainischen Gebiete Mykolajiw und Cherson bekannt geworden.
Die russischen Truppen sind dabei in der Ostukraine seit etwas mehr als einem Jahr langsam auf dem Vormarsch. Zuletzt haben sie mehrere kleinere Städte wie Krasnohoriwka, Ukrajinsk, Wuhledar und Hirnyk im Bergbaugebiet Donezk erobert.
Quelle: ntv.de, rog/dpa
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